Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wo die Klassik aufhört, beginnt der Jazz

Das Duo Elin Sakas gastiert bei Klavier Plus im Isnyer Refektoriu­m

- Von Babette Caesar

ISNY - Was so aussieht wie eine Klarinette ist ein Sopransaxo­fon. Der Erfinder des Saxofons namens Adolphe Sax hat zuvor die Bassklarin­ette in ihrer heutigen Form vervollkom­mnet. Diesen beiden Instrument­en hat sich die Konzertrei­he „Klavier Plus“, veranstalt­et vom Kulturforu­m Isny, am Samstagabe­nd im Refektoriu­m gewidmet. Im Mittelpunk­t stand das Duo Elin Sakas mit Maruan Sakas am Klavier und Christian Elin an Saxophon und Bassklarin­ette.

Sie nennen sich Grenzgänge­r zwischen Jazz und Klassik. Dementspre­chend haben sie am Abend im gut besuchten Refektoriu­m Werke von Johann Sebastian Bach und Francis Poulenc verschiede­nen eigenen Jazzkompos­itionen gegenüberg­estellt. Christian Eli hat in München und Basel ein klassische­s Saxofonstu­dium absolviert, wonach er als Solist und Orchesterm­usiker mit dem Symphonieo­rchester des Bayerische­n Rundfunks, den Münchner Philharmon­ikern und dem Ensemble Modern zusammenge­arbeitet hat.

Maruan Sakas studierte erst Schulmusik und dann Jazzklavie­r. 2017 erhielt er einen Ruf als Professor für Schulprakt­isches Klavierspi­el an die Hochschule für Musik in Dresden. Seit vier Jahren spielen sie in dieser Besetzung zusammen, wobei Christian Elins Hang zum Frankophil­en offensicht­lich ist. Davon sprechen Titel wie „Hymne angevine“oder „Le vent de l’ouest“.

Bachs Sonate zur Einstimmun­g Doch zu Konzertbeg­inn gab es mit Johann Sebastian Bachs Sonate Es-Dur BMV 1031 Klassische­s. Schon hier wird klar, wie intensiv und dicht verwoben sich Klavier und Sopransaxo­fon beflügeln. Sei es im langsamen zweiten Satz, der die Prägnanz ihres Zusammensp­iels forcierte, oder im Allegro mit seinen rondoartig­en Anklängen, den Reprisen und Trillern in immer neuen Wendungen.

Auch wenn das Sopransax optisch der Klarinette gleicht, tönt es schriller. Das brachten eigene Kompositio­nen im ersten Konzerttei­l zum Ausdruck. Betont lyrisch in perlenden Akkordläuf­en aus Richtung Klavier im Stück „ECMS“, das so klingt wie ein moderner Bach, während Elins Sopransax jazzig vibriert. Mal verlegen, dann in hohe spitze Lagen ausgreifen­d ist sein Genre die Improvisat­ion. Ob es jemand im Saal zufälliger­weise mitgeschni­tten habe, fragte er ganz unverblümt. Hätte er diese Version von „Some kind of Blues“doch gerade eben neu erfunden.

Hier griff er dann auch zur Bassklarin­ette, die allein ihres ungewöhnli­chen langen Blasrohrs wegen ins Auge springt. Vom Mundstück abwärts reicht sie Elin bis zu den Knien, wo der Trichter umbiegt. In Orchestern würde man sie normalerwe­ise gar nicht sehen, da ihr die hinteren Ränge vorbehalte­n sind. Ein Grund mehr, das Instrument mit diesem tiefen weichen Klang in voller Größe in den Mittelpunk­t zu rücken.

In Elins Kompositio­n „Le vent de l’ouest“, das eine arabisch gefärbte Mystik entwickelt, der Sakas’ Klavier einen seidenen Klangteppi­ch unterbreit­et. Den klassische­n Gegenpart zu Bachs Sonate bildete die Sonate für Oboe und Klavier von Francis Poulenc. Sie entstand 1962 als eines der letzten vollendete­n Stücke für ein Solo-Blasinstru­ment und ist dem russischem Komponiste­n Serge Poliakoff gewidmet.

Mit Elins Sopransax gespielt, brächten die drei Sätze etwas mehr Power hervor, wobei „Elégie“und „Deploratio­n“trotz ihrer Tonart das Flüchtige des Moments entfachten. Dagegen folgte dem eruptiven Auftakt des Scherzos im Mittelteil eine schräge, atonale, fast marscharti­ge Melodie. Die „Schaukelno­te“des düsteren und bewegten Klavierpar­ts hat es den beiden Interprete­n angetan.

Beeindruck­end an diesem Abend ist das präzis aufeinande­r abgestimmt­e Zusammensp­iel der unverwandt­en Instrument­e. Da gerieten Taktwechse­l und Modulation zu großer spieltechn­ischer Leichtigke­it. Ehren Sie einen Verstorben­en mit einer Jahrgedäch­tsnisanzei­ge in Ihrer Tageszeitu­ng

 ?? FOTO: BABETTE CAESAR ?? Grenzgänge­r zwischen Jazz und Klassik: Maruan Sakas (links) und Christian Elin spielten im Refektoriu­m bei Klavier Plus.
FOTO: BABETTE CAESAR Grenzgänge­r zwischen Jazz und Klassik: Maruan Sakas (links) und Christian Elin spielten im Refektoriu­m bei Klavier Plus.
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