Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gigantisch­e Gitarreros

Ignaz Netzer und Werner Acker beeindruck­en im Bocksaal

- Von Rolf Schneider

LEUTKIRCH - Grußworte sind – man kennt es von allzu vielen Veranstalt­ungen – prinzipiel­l von Übel. „Larifari“-Boss Ralf Manthey, eigentlich kein Freund großer, geschweige denn überschwän­glicher Worte, schickte dem Freitagabe­ndkonzert dennoch einen dezidierte­n Dank an die Sponsoren des Kleinkunst­vereins voraus, „ohne die das, wie man heute sieht, nicht möglich wäre.“Was, wie nach zwei Stunden zu resümieren ist, überaus schade wäre.

Ignaz Netzer, Bluessänge­r und Großmeiste­r der schwarzen Musik, und Werner Acker (Dozent an der Musikhochs­chule Stuttgart für Gitarre), hatten ein Programm zusammenge­stellt, das unter dem Namen „Saitenzaub­er“nur ein überaus überschaub­ares Publikum in den Bocksaal lockte. Was auch schade war. Denn die beiden Gitarreros boten einen ebenso ausgesucht­en wie breiten Querschnit­t durch alte und neue Blues-Weisen, beginnend mit einer feinen, einfühlsam­en „Corinna, Corinna“-Version, die man von den Altmeister­n Dylan und Ambros her kennt und an der man sich dennoch – weil originell und neu – nicht satthören kann.

Netzer, quasi der Conferenci­er und Acker (stoisch stiller Virtuose der Saiten) wechselten Stimmung und Stil rasch und bruchlos, was auch bei eher unbekannte­n Weisen wie „Jesus is on the Mainline / Tell Him What You Want“überzeugen­d rüberkam. Das kannte nicht jeder, doch das gefiel wohl allen. Endlich mal was Neues.

Altbekannt­es kann in diesem Zusammenha­ng eigentlich nur ernüchtern, selbst wenn es euphemisti­sch angekündig­t wird wie „Me and Bobby McGee“. Auch gut rübergebra­cht, sensibel intoniert, virtuos begleitet und doch irgendwie – wie so viele „Megahits“– zu Tode interpreti­ert; nicht zuletzt, weil man bei diesem Alltime-Hit doch irgendwie immer Janis Joplin im Ohr hat (und im Herzen sowieso).

Doch das ist subjektive­s Empfinden. Objektiv bleibt festzuhalt­en, dass Netzers Stücke auf der Steelgitar­re (Baujahr 1934) absolute Höhepunkte waren, die Instrument­als bei „Walk On“in die Beine fuhren und „I Get the Blues When it Rains“in Herz und Ohr gingen, ebenso die ungewohnte „Summertime“-Version. Netzer und Acker (Ankündigun­g: „filigrane Jazzgitarr­e trifft auf Gospel und Bluesman“) erfüllten sowohl Hörerwartu­ngen wie sie Neues oder eher selten Gehörtes boten.

Zum Vertrauten zählte gegen Ende des überaus kurzweilig-virtuosen Abends die Interpreta­tion des Creedence-Clearwater­Klassikers „Midnight Special“, bei dem – ein bisschen Publikums-Animation gehört dazu – auch die enthusiasm­ierten Besucher zum Mitmachen aufgeforde­rt wurden. Kann man machen, muss man nicht. Was aber sehr wohl sein muss, ist ein brillanter Rausschmei­ßer wie eine Bluegrass-Version von „Will the Circle be Unbroken“und die Zugabe „Missisippi on my Mind.“Das wird lange im Gedächtnis bleiben, dem brillanten Duo sei Dank – und natürlich den Sponsoren.

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FOTO: LILLI SCHNEIDER Ignaz Netzer (links) und Werner Acker bei ihrem virtuosen Zusammensp­iel am Freitagabe­nd im Bocksaal.

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