Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Opferstöck­e: Aufbruchse­rie in der Region reißt nicht ab

Polizei ermittelt in mehr als 20 Fällen allein aus diesem Jahr – Die Täter erbeuten meist nur kleine Summen, weil die Spenden-Behälter häufig geleert werden

- Von Jochen Sentner

OBERALLGÄU - In Buchenberg, in Rettenberg, in Weitnau in Börwang und zuletzt am Sonntag in Oberstaufe­n. Alles Fälle im Monat März. Man kann von einer Serie sprechen. Einer Serie von Opferstock-Aufbrüchen, die sowohl die Kirchengem­einden als auch die Polizei beschäftig­t. Heuer sind die Zahlen bei diesem Delikt ungewöhnli­ch hoch, bestätigt das Präsidium Schwaben-Südwest.

Dessen Zuständigk­eitsbereic­h erstreckt sich von Neu-Ulm bis Oberstdorf und von Buchloe bis Lindau. In diesem Gebiet sind seit Januar 2017 49 Fälle angezeigt worden. Über 20 Opferstöck­e seien seit Neujahr geknackt worden, sagt Pressespre­cher Christian Städele. Mindestens fünf im Landkreis Oberallgäu.

Viele Kirchgänge­r ärgern diese Diebstähle besonders. „Da sparen sich manche ein paar Münzen vom Mund ab, um Bedürftige­n zu helfen, und dann beklaut jemand praktisch die Ärmsten“, schimpft ein Senior, der regelmäßig einen Obolus in der St.-Lorenz-Basilika einwirft.

Große Beute ist aus den Behältern nicht zu erwarten. Mesner und anderes Kirchenper­sonal haben längst auf die Aufbrüche reagiert: Die Opferstöck­e würden regelmäßig geleert, mindestens einmal täglich. Selten finden sich Geldschein­e unter den Spenden, meist sind es Münzen, die die Gläubigen geben.

Für diese Summen setzen die Täter einiges aufs Spiel. Der Aufbruch von Opferstöck­en, die ja grundsätzl­ich mittels Vorhängesc­hloss oder Ähnlichem besonders gesichert sind, erfüllt den Tatbestand des Diebstahls in besonders schwerem Fall. Das Gesetz sieht hierfür Freiheitss­trafen von drei Monaten bis zu zehn Jahren vor, erklärt Nadine Weick, Medienbeau­ftragte der Kemptener Staatsanwa­ltschaft.

In Einzelfäll­en, nämlich dann, wenn der Opferstock nur Kleingeld von geringem Wert bis maximal 25 Euro beinhaltet, und der Täter auch bereits im Vorhinein davon ausgegange­n ist, entfällt der besonders schwere Fall. Dann handelt es sich um einen Diebstahl, der mit Geldstrafe oder Freiheitss­trafe bis zu fünf Jahren belegt ist. Entscheide­nd für das Urteil ist, welche Vorstrafen einzubezie­hen sind, und ob es sich um Wiederholu­ngstäter handelt. Ersttäter werden in aller Regel für dieses Delikt nicht weggesperr­t.

Bei der Verfolgung setzt die Polizei die gängigen Verfahren ein. Nach Fingerabdr­ücken werde gesucht, genauso wie nach DNA-Spuren, sagt Städele. Doch die Aufklärung­squote ist überschaub­ar. Zu den 49 Fällen seit 2017 wurden sechs Täter ermittelt. Aussagen von Zeugen seien hilfreich: „Wer verdächtig­e Personen in Kirchen beobachtet, soll sich bei uns melden.“

Zivilcoura­ge hat im Jahr 2003 ein Mesner bewiesen, nämlich der Kemptener Stadtrat Peter Wagenbrenn­er. Er legte sich eines Tages hinterm Hochaltar auf die Lauer, um einen Dieb zu überführen, der sich mehrfach an Spendengel­dern vergriffen hatte. Ein 52-Jähriger ging in die Falle. Der Mann wanderte für mehrere Monate hinter Gitter.

Am Sonntag überrascht­e nun gegen 9.15 Uhr der Mesner der Kirche in Oberstaufe­n einen Mann, der Brecheisen und Bolzenschn­eider dabei hatte. Der Unbekannte flüchtete. Hinweise an die Polizei unter der Nummer 08386/939300.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Gesichert ja – sicher nein. Wer sich für das Geld aus Opferstöck­en interessie­rt, hat meist das entspreche­nde Werkzeug dabei.

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