Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Der Traum vom Rockstar
Bülent Ceylan kann in seinem Kinodebüt „Verpiss dich, Schneewittchen!“nicht überzeugen
Bülent Ceylan kann sich auf seine Haare verlassen. Steht der Mannheimer Komiker auf der Bühne, lässt er die dunkle Mähne gern mal unter allgemeinem Gejohle schwingen. Das kann ihn über Phasen retten, in denen ein Gag mal nicht so zündet, was bei dem erfahrenen Comedian nicht mehr allzu oft passiert. Nun spielt Ceylan seine erste Kinohauptrolle, und es ist keine große Überraschung, dass er genau damit anfängt: mit seinen Haaren. Doch die inhaltlichen Schwächen des Films kann die Haarpracht diesmal nur ansatzweise kaschieren.
Aber der Reihe nach. Ceylan füllt seit vielen Jahren zuverlässig Hallen mit seinen Bühnenprogrammen. Mittlerweile hat der „Monnemer Türk“, wie er sich selbst nennt, mehrere Comedypreise in der Vitrine und den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg an der Brust. Es lag irgendwie nahe, den Ceylan-Kosmos um einen Kinofilm zu erweitern. Produzent Oliver Berben gibt ihm die Chance dazu.
Ceylan schlüpft dafür in eine Rolle von Sammy, einem verhinderten Musiker, der im türkischen Bad seines Bruders jobbt, Handtücher faltet und Männerrücken knetet. Eigentlich träumt er von einer RockstarKarriere. Durch glückliche Umstände landet Sammy in der engeren Auswahl einer Casting-Show. Er braucht dafür aber eine Band. In der Not rekrutiert er seine Schwester Jessi (Josefine Preuß), den knorrigen Aushilfsmasseur Wolle (Paul Faßnacht) und den dicken Mahmut (Özgür Karadeniz). Gemeinsam werden sie „Hamam Hardrock“.
Was nach einer launigen Komödie in der Musikbranche klingt, soll nebenbei viel mehr sein, nämlich ein Kommentar zu den Debatten der vergangenen Jahre. Masseur Wolle zum Beispiel, der neu im türkischen Bad anfängt, kommt aus dem stramm rechten Milieu. Als er in Sammys Band eintritt, verwüsten seine Kneipen-Kumpels den Hamam. Es fällt der Satz „Wir sind das Volk“.
Die Komödie schlingert somit zwischen halbgarem Klamauk und dem unbedingten Willen, auch mal ein ernsthaftes Thema ansprechen zu wollen. Hinzu kommt, dass Ceylan sich sichtlich abmüht mit der Schauspielerei. Man tritt ihm nicht zu nahe, wenn man sagt, dass er auf der Bühne zu Hause ist. Zu allem Überfluss werden Ceylan auch noch eine Heerschar Promis an die Seite gestellt, die nicht primär mit Schauspielerei ihr Geld verdienen, etwa der omnipräsente Comedian Chris Tall. (dpa)
Verpiss dich, Schneewittchen! Regie: Cüneyt Kaya. Mit Bülent Ceylan, Josefine Preuß, Kida Khodr Ramadan. Deutschland 2018, 88 Minuten. FSK ab 12.