Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Spitz auf Spitz und Kopf auf Kopf“
Wer beim Klöckeln gewinnt, bekommt am Montag die Ostereier seines Gegners
LEUTKIRCH - Der Brauch des Eierklöckelns hat in Leutkirch schon eine lange Tradition. Bereits seit knapp 130 Jahren messen sich hier die Bürger beim beliebten Eierschlagen. Heuer findet das Spektakel wieder am Ostermontag, nach dem 10 Uhr Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche auf dem Martin-Luther-Platz statt.
Organisiert wird das kleine Eierspektakel seit Jahrzehnten von Gerhard Stöhr aus Leutkirch. „Vor vielen Jahren wurden die Ostereier beim kleinen Markt zunächst verkauft und die Zerschlagenen zu einem günstigen Preis zurückgenommen“, sagt Stöhr. In der heutigen Zeit sei der Klöckelmarkt kein Markt im herkömmlichen Sinne mehr. So handle es sich mittlerweile eher unter dem Motto „Spitz auf Spitz und Kopf auf Kopf, wer nicht mitmacht ist ein armer Tropf “um ein lustiges Freizeitvergnügen, bei dem der Gewinner die kaputten hartgekochten Eier des Gegners mit nach Hause nehmen darf.
Ein Unternehmen, das nicht immer gerne gesehen wurde. So geht aus einem Verkündbuch der katholischen Pfarrgemeinde Leutkirch von 1824 hervor, dass dieses Treiben zeitweise verboten wurde, da es als unanständiges Lärmen, großer Unfug und Missbrauch in der heiligen Karwoche bis zum Ostersonntag angesehen wurde und sogar bei Nichteinhaltung, strafrechtliche Folgen nach sich zog. „Am zweyten Ostertag und an den folgenden Tagen mag sodan der Ayermarkt gehalten werden, aber erst nach geendigten Gottesdienst und mit Beobachtung gehöriger Ordnung und geziemender Sittlichkeit “, geht aus der Schrift hervor.
Auch der Schriftsteller und Lyriker Hans Erich Bleich, geboren am 19. Januar 1873 in Leutkirch, berühmt geworden unter dem Pseudonym Dr. Owglass und als Mitarbeiter sowie kritischer Chronist des „Simplicissimus“bekannt, berichtete in seinem 1943 erschienenen Büchlein „Feldpostausgabe“über den Verlauf und die damaligen Betrügereien beim Leutkircher Klöckelmarkt. Ein Auszug: „Kleine Gruppen bilden sich, man klöckelt drauf los, jubelt, wenn man gewinnt, schimpft, wenn man verliert, wirft dem glücklichen Gegenspieler vor, dass er beschissen habe, gerät sich in die Haare, wird von streitsüchtigen Zaungästen angemacht, von besonnenen Senioren beruhigt oder zurechtgewiesen“. Für den musikalischen Rahmen beim Leutkircher Klöckelmarkt am Ostermontag, 2. April, ist gesorgt. Eier dürfen gerne mitgebracht werden, können aber für kleines Geld vor Ort gekauft werden. Der Erlös aus dem Verkauf kommt der evangelischen Kirchengemeinde zugute.