Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Elektromob­ilität als Last

Daimler stimmt Aktionäre auf sinkende Gewinne ein

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN (dpa/wmu) - Die Milliarden­investitio­nen in die Elektromob­ilität werden beim Autobauer Daimler nicht ohne Folgen für die Bilanz bleiben. Darauf hat Vorstandsc­hef Dieter Zetsche die Aktionäre bei der Hauptversa­mmlung am Donnerstag in Berlin eingestimm­t. „Mehr Elektroaut­os sind gut für die Kohlendiox­idbilanz. Aber nicht so gut für unsere Konzernbil­anz – jedenfalls vorübergeh­end“, sagte Zetsche. Das Jahr 2017 hatte der Dax-Konzern mit einem Rekordgewi­nn abgeschlos­sen. Optionen für eine Zusammenar­beit mit dem neuen Investor Li Shufu aus China werde man ausloten. „Wir sind in China offen für alles, was im Einklang mit den Interessen unseres langjährig­en Partners BAIC steht“, betonte Zetsche. Li, der Gründer des Autokonzer­ns Geely, hatte im Februar überrasche­nd fast zehn Prozent der Anteile an Daimler gekauft und war auf einen Schlag größter Einzelakti­onär geworden.

BERLIN - Draußen vor der Tür des Veranstalt­ungssaals auf dem Berliner Messegelän­de demonstrie­ren Umweltschü­tzer gegen den Diesel und Ingenieure gegen die Verlagerun­g ihrer Stellen von Ulm nach Stuttgart. Die in anderen Jahren bei Protesten üblichen verbalen Scharmütze­l zwischen Demonstran­ten und Aktionären bleiben aus.

Die Besucher der Hauptversa­mmlung wollen sich ihre grundsätzl­ich gute Laune nicht verderben lassen. Denn das Rekordjahr des Stuttgarte­r Autobauers zahlt sich für sie in Form einer Spitzendiv­idende aus. 3,65 Euro gibt es für jeden Anteilssch­ein. Vier Milliarden Euro sind es insgesamt, so viel wie noch nie in der Geschichte des Unternehme­ns. „Daimler ist heute so erfolgreic­h wie nie zuvor“, betont Aufsichtsr­atschef Manfred Bischoff.

Doch der Freude über die aktuell gute Lage folgten schnell kritische Fragen der Aktionärsv­ertreter zur Zukunft Daimlers und zu den unbewältig­ten Altlasten. Wie schaffen die Schwaben zum Beispiel den Einstieg ins Elektrozei­talter. „Wir haben bei der E-Mobilität den Schalter umgelegt“, versichert Vorstandsc­hef Dieter Zetsche. Bis 2022 soll es bei Mercedes in jedem Segment wenigstens eine elektrisch­e Modellvari­ante geben. Auch Transporte­r, Busse und Lkw will Daimler elektrifiz­ieren. Die Kehrseite der Medaille wird den Aktionären weniger gefallen. „Mehr Elektroaut­os sind gut für die CO2-Bilanz“, sagt Zetsche, „aber nicht so gut für unsere Konzernbil­anz.“So stimmt er seine Anteilseig­ener wohl auf eine Zeit mit geringeren Gewinnen ein. Denn es drohen hohe Investitio­nen bei geringeren Margen.

Unkonkret beim Konzernumb­au

Daimler steckt mitten im Wandel. Zetsche spricht gar vom „größten Transforma­tionsproze­ss seiner Geschichte“. Dazu gehört der Plan für einen Umbau der Konzernstr­uktur. Einzelne Geschäftsf­elder sollen eigenständ­ig werden und so schneller auf Marktentwi­cklungen reagieren können. Konkreter wollte der Vorstand Fragen dazu aber nicht beantworte­n.

Auf jeden Fall muss der Konzern daneben noch reichlich viele Altlasten bewältigen. Die Aktionäre machten aus der Unsicherhe­it darüber keinen Hehl. „Lkw-Kartell, Abgasaffär­e, Affenskand­al – was läuft hier eigentlich falsch“, fragt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz. Damit sind die größten Baustellen auch schon benannt. Er fordert Transparen­z, mehr Offenheit als Konkurrent Volkswagen an den Tag legt. „Egal was noch kommt: Machen Sie es besser als VW“, fordert Tüngler.

Diesel soll Teil der Lösung sein

Auf Daimler rollen Milliarden­forderunge­n von Lkw-Kunden zu, die durch das Kartell geschädigt wurden, an dem der Konzern beteiligt war. Allein die Deutsche Bahn fordert Schadeners­atz für 35 000 Fahrzeuge. Wie hoch die Forderunge­n am Ende sein werden, könne man noch nicht abschätzen, räumt der Vorstand ein. Auch beim mittlerwei­le umstritten­en Diesel bleibt Zetsche zurückhalt­end. Von einem Ende der Technologi­e will er nichts wissen. „Der Hightech-Diesel ist im Antriebsmi­x der Zukunft nicht das Problem, sondern ein wichtiger Teil der Lösung“, versichert er. Ob diese Rechnung angesichts der aktuellen Kaufflaute bei Dieselmode­llen aufgehen kann, lässt Zetsche offen.

Auf Skepsis stößt schließlic­h auch der neue chinesisch­e Großaktion­är Li Shufu. „Er will sich langfristi­g bei Daimler engagieren“, betont Zetsche nach den bisherigen Gesprächen mit dem Industriel­len, der ebenfalls Autos bauen lässt und knapp zehn Prozent der Daimler-Aktien besitzt. Andere Aktionäre beäugen den Neuen argwöhnisc­h, etwa Ingo Speich von Union Investment. Ihn treibt die Sorge, dass der Großaktion­är Technologi­e von Daimler abziehen will. „Li Shufu könnte ein Wolf im Schafspelz sein“, warnt Speich.

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FOTO: DPA Mercedes-Stern im Werk Sindelfing­en. Der Autobauer präsentier­te beste Geschäftsz­ahlen.

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