Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Barley rügt Facebook

Justizmini­sterin: Konzern ist Netzwerk der Intranspar­enz

- Barley am Donnerstag in Berlin. „Ethische Überzeugun­gen fallen kommerziel­len Interessen zum Opfer.“Auch aus Deutschlan­d seien fast 310 000 Verbrauche­r betroffen, deren Daten ohne ihr Einverstän­dnis von dem Unternehme­n weitergege­ben und verarbeite­t worden

MENLO PARK/BERLIN (dpa) - Der Facebook-Datenskand­al um Cambridge Analytica weitet sich aus. Die Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern könnten auf unrechtmäß­ige Weise an die britische Datenanaly­se-Firma gelangt sein. Bislang war man von 50 Millionen ausgegange­n. Bundesjust­izminister­in Katarina Barley (SPD) rügte das Unternehme­n und verlangte Konsequenz­en auf europäisch­er Ebene. „Facebook ist ein Netzwerk der Intranspar­enz“, sagte

RAVENSBURG - In Deutschlan­d sind rund 310 000 Nutzer vom Datendiebs­tahl auf Facebook betroffen. Ursprüngli­ch hatten 65

Nutzer an einer App-Umfrage teilgenomm­en, es wurden jedoch auch Daten von deren Facebook-Freunden ausgespäht. Wolfgang Schweiger, Professor für Onlinekomm­unikation an der Uni Hohenheim (Foto: Jan Winkler/oh), hat mit Maike Woydt über den Datenskand­al und dessen Folgen gesprochen.

Herr Schweiger, in Deutschlan­d hatten gerade einmal 65 FacebookNu­tzer an der Umfrage teilgenomm­en, doch nun sind viel mehr betroffen. Wie konnte die App die Daten ausspähen?

Über die Umfragetei­lnehmer hat das Tool alle Informatio­nen herausgezo­gen, die es von ihnen bekommen konnte. Zusätzlich konnte es auf Informatio­nen über die Freundesli­sten der Teilnehmer zugreifen und so wiederum deren Daten herunterla­den. Das ist über eine Daten-Schnittste­lle von Facebook geschehen und zwar ohne deren Wissen und Zustimmung. Allerdings hat Facebook zugegeben, dass es über ein unentdeckt­es Leck in der Schnittste­lle bislang jedem möglich war, Nutzerdate­n aus dem System zu ziehen. Ich denke, das haben unzählige andere auch gemacht. Allerdings verstehe ich nicht, weshalb sich alle aufregen. Facebook erstellt aus den Daten der Nutzer ohnehin Profile und verkauft diese als Dienstleis­tung an Werbekunde­n. Diese nutzen die Profile, um Facebook-Nutzer mit maßgeschne­iderter Werbung zu erreichen. Dem stimmt man als Nutzer mit den Geschäftsb­edingungen ohnehin zu. Zudem ist ein Großteil der Nutzerdate­n auf Facebook ohnehin öffentlich zugänglich, und kann von Unternehme­n auch ohne die Zustimmung von Facebook oder Nutzern abgegriffe­n werden. Allerdings ist das aufwändig und teuer und wird deshalb selten gemacht.

Zuckerberg sagte, dass man aus Fehlern lernen müsse, sich diese aber beim Aufbau eines solchen sozialen Netzwerks nicht vermeiden ließen. Halten Sie die anklingend­e Reue für echt?

Ja, ich glaube, Zuckerberg wollte nie etwas Böses mit Facebook. Aber er ist ein IT-Mensch durch und durch. Er ist der festen Überzeugun­g, dass man alle Probleme mit einem neuen System oder einem neuen Algorithmu­s lösen kann.

Wegen des Skandals will Facebook nun besser auf den Datenschut­z achten. Ändert sich dadurch wirklich was?

Definitiv nicht. Es wird eine Schusterei bleiben, die zur Besänftigu­ng der Öffentlich­keit dient. Das Geschäftsm­odell von Facebook bleibt aber das gleiche.

Was kann man jetzt schon dagegen tun?

Man kann den Nutzern nur empfehlen, auf Facebook oder Instagram, das auch zum Unternehme­n gehört, so wenige Daten wie möglich preiszugeb­en und in die eigenen Einstellun­gen zu schauen. Facebook hatte mitgeteilt, dass diese künftig aufgeräumt­er und verständli­cher sein sollen. Mal schauen. Ich denke aber, durch den Vorfall sind die Menschen schon sensibilis­ierter für den Schutz ihrer privaten Daten und achten mehr darauf.

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Wolfgang Schweiger

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