Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ein Fall von politische­r Justiz

- Von Klaus Ehring feld

Auch wenn es kein Urteil über Schuld oder Unschuld Lulas in seinem Korruption­sverfahren war, sondern nur eine Haftprüfun­gsfrage: Die Entscheidu­ng des Obersten Gerichts in Brasilien wird das Land vor der Wahl im Oktober destabilis­ieren, die extreme Spaltung weiter verstärken und die große Krise der Demokratie in Lateinamer­ikas größtem Land noch mehr vertiefen. Zudem birgt es die Gefahr, dass es jenen rechtsextr­emen Kreisen zur Macht verhelfen wird, die sich Brasilien in die Zeiten der Militärdik­tatur zurückwüns­chen. Profitiere­n wird der Rechtsauße­n-Kandidat Jair Bolsonaro, eine Art brasiliani­scher Donald Trump. Er liegt in Umfragen hinter Ex-Präsident Lula da Silva auf dem zweiten Platz.

Selbst wenn es ein Urteil streng nach Recht und Gesetz sein mag, es hat etwas von politische­r Justiz. Die Richter greifen in ein politische­s Verfahren in Brasilien ein, sie entscheide­n es quasi. Bedauerlic­h ist dabei, dass die Strafverfo­lger und Richter nie mit einer Elle gemessen haben. Gegen Lula ist Anti-Korruption­srichter Sérgio Moro mit besonderer Härte vorgegange­n. Bei anderen, rechten Politikern, ist er weit weniger scharf gewesen. Aber Brasiliens Linke und seine Partei PT haben auch einen schweren Fehler gemacht. Sie haben sich trotz der sich abzeichnen­den Verurteilu­ng nie um den Aufbau eines alternativ­en Kandidaten gekümmert. Das wird sich jetzt bitter rächen.

politik@schwaebisc­he.de

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