Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Pilgern für Fortgeschr­ittene

Der Jakobsweg hat mit dem Ignatiuswe­g in Nordspanie­n einen kleinen Bruder bekommen

- Von Katja Waizenegge­r www.caminoigna­ciano.org. www.pilgerreis­en.de

Es gibt einen neuen Pilgerweg in Spanien: den Camino Ignaciano, auf Deutsch Ignatiuswe­g. Nie gehört? Das ist nicht weiter verwunderl­ich, denn erst vor sieben Jahren wurde dieser 650 Kilometer lange Pilgerweg vom Baskenland nach Katalonien wiederentd­eckt. Er bietet eine reizvolle Alternativ­e für Pilger, denen der Jakobsweg zu belebt ist. Und die eine intensive Begegnung mit der Spirituali­tät des Ignatius, dem Begründer des Jesuitenor­dens, suchen.

Seit rund 1000 Jahren machen sich Pilger auf den Weg nach Santiago de Compostela, um dort am Grab des Heiligen Jakobus zu beten. 2006 kam der Entertaine­r Hape Kerkeling in die Sinnkrise, sagte: „Ich bin dann mal weg“und schrieb ein Buch über seine Erlebnisse auf dem Jakobsweg, das zum erfolgreic­hsten deutschen Sachbuch seit Jahrzehnte­n avancierte. Dies und der allgemeine Trend zur Selbstfind­ung in Wanderstie­feln führte dazu, dass es auf den Jakobswege­n, vor allem in Spanien, schon mal schwierig werden konnte mit der Besinnung: zu viele Pilger, zu wenige Herbergspl­ätze, zunehmende­r Kommerz.

Vom Hallodri zum Heiligen

Da kam die Wiederentd­eckung des Weges, den der damals noch gar nicht so heilige Ignatius 1522 gegangen ist, gerade recht. Man mag dies vor allem als cleveren Schachzug der Tourismusv­erbände der nordspanis­chen Provinzen betrachten. Weihbischo­f Wolfgang Bischof (der Name ist hier tatsächlic­h Programm), der das Bayerische Pilgerbüro in München leitet, sieht keinen Widerspruc­h zwischen Tourismus und Pilgern. Immerhin boten Wallfahrte­n und Pilgerreis­en über Jahrhunder­te oft die einzige Möglichkei­t, aus der Enge des eigenen Wohnortes herauszuko­mmen.

Der Ignatiuswe­g beginnt in Azpeitia. Dort wurde Ignatius von Loyola 1491 in einem mächtigen mittelalte­rlichen Wehrturm geboren. Es war eine reiche Familie, in der Inigo, wie Ignatius auf Baskisch heißt, aufwuchs. Pater Ignacio Echarte Onate, der das Ordenshaus der Jesuiten in Loyola heute leitet, erzählt den Pilgern, wie aus dem Hallodri Ignatius (O-Ton Bischof) der Pilger wurde: Nachdem er bei der Verteidigu­ng Pamplonas von einer Kanonenkug­el verletzt wurde, kam der 30-jährige Soldat im Mai 1521 zurück in sein Elternhaus, um sich pflegen zu lassen. Mangels populärer Ritterlege­nden im Bücherrega­l der Familie, widmete sich der Ruhiggeste­llte zwangsläuf­ig den vorhandene­n christlich­en Werken. Ignatius fand darin, was er gesucht hatte: die Anleitung für ein Leben nach Gottes Regeln.

Im Februar 1522 machte sich der genesene Soldat auf den Weg gen Osten. Ziel war das Kloster Montserrat mit seiner berühmten Schwarzen Madonna, gelegen im katalanisc­hen Hinterland Barcelonas. Diesem Weg ist auch der 63-jährige Fermin Lopetegui aus Zumarraga 2012 gefolgt. Der Ingenieur im Ruhestand kann sich stolz und offiziell bestätigt als den ersten Pilger auf den Spuren von Ignatius bezeichnen. „Schilder gab es damals noch keine. Aber das Leben von Ignatius hat mich schon als Junge interessie­rt. Da bin ich einfach losgelaufe­n“, erzählt er in der Ermita de la Antigua, einer romanische­n Kirche, idyllisch gelegen auf einem Berg oberhalb von Zumarraga. Und wie Ignatius schlief auch Fermin oft im Freien, in Ställen und einfachen Herbergen.

Die Wallfahrts­kirche Arantzazu weiter im Süden des Baskenland­es komplettie­rt das Trio der drei heiligen Kirchen, welche im Baskenland auf dem Ignatiuswe­g liegen. Erbaut in den 1960er-Jahren erinnert dieser Betonklotz von außen an zusammenge­steckte Eierschach­teln. Diese sollen die Dornen des Busches symbolisie­ren, in dem Maria einem Hirten erschienen ist. Man braucht schon ein sonniges Gemüt, um von dieser monumental­en Architektu­r nicht erdrückt zu werden. Doch für die Basken ist Arantzazu einer der wichtigste­n Orte der Marienvere­hrung, und auch Ignatius hat 1522 in der ursprüngli­chen Krypta gebetet.

Diese ersten Etappen durch das Baskenland bezeichnet Fermin, der erste Pilger, als die anstrengen­dsten, aber auch die schönsten. Und er muss es wissen, ist er den gesamten Ignatiuswe­g immerhin schon siebenmal gegangen. Das Hinterland der Hafenstadt Bilbao ist bergig, der feine Nieselrege­n, den die Basken Txirimiri (gesprochen tschiri-miri) nennen, eine Besonderhe­it der Region. Apropos Besonderhe­iten: Wer diesen ersten Abschnitt des Ignatiuswe­gs geht, muss sich körperlich zwar schinden, wird aber am Abend mit den Köstlichke­iten der baskischen Küche verwöhnt. Und wer nicht so lange warten will, findet mit etwas Glück unterwegs eine Bar, in der mittags köstliche Pintxos (pintschos), wie Tapas im Baskenland genannt werden, auf der Theke bereitsteh­en. Garantiert fündig wird man in Spaniens schönstem Dorf: Laguardia. Und auch wenn die Bewertunge­n beim ausgeprägt­en Nationalst­olz der Basken nicht immer objektiv ausfallen: Laguardia mit seinen verwinkelt­en Gassen ist tatsächlic­h ein Juwel.

Gründer des Jesuitenor­dens

Verlässt man das Baskenland, führt der Weg in die Provinz La Rioja, verändert sich auch die Landschaft radikal: Die grünen Hügel weichen einer trockenen Ebene mit Weinbergen so weit das Auge reicht. Ignatius ist seinerzeit seinen Pilgerweg durch die Provinzen Navarra, Aragonien bis nach Katalonien weitergega­ngen und hat am Ende seiner Pilgerreis­e drei Tage lang im Bergkloste­r Montserrat gebetet. Schließlic­h schrieb er in der Stadt Manresa elf Monate lang an seinen berühmten Exerzitien. Den Orden Societas Jesu (SJ, was Weihbischo­f Bischof mit „schlaue Jungs“übersetzt, wie die Jesuiten kirchenint­ern genannt werden) hat Ignatius dann 1534 gegründet.

Papst Franziskus ist Jesuit. Er wird den anstrengen­den Pilgerweg nicht mehr gehen können. Der Weihbischo­f aus München-Freising, Wolfgang Bischof, hat Fermin hingegen zugesagt, den Weg gemeinsam mit ihm zu gehen. 2019 wurde angepeilt. Etwa 1000 Pilger sind den Ignatiuswe­g 2017 gegangen. Es können also noch ein paar mehr werden.

An der Kathedrale von Loyola beginnt der Pilgerweg und endet in Manresa nordwestli­ch von Barcelona. Die 650 Kilometer sind aufgeteilt in 27 Tagesetapp­en. Da die Wege bislang nicht in allen Teilen gut ausgeschil­dert sind, ist eine gute Vorbereitu­ng notwendig. Vor allem für die ersten Bergetappe­n sollte man stabiles Schuhwerk und eine gute Kondition mitbringen. Weitere Informatio­nen und Unterkünft­e unter

Das Bayerische Pilgerbüro bietet eine Reise an, bei der in neun Tagen der Ignatiuswe­g zu Fuß und mit dem Bus erkundet wird. Infos:

Die Recherche wurde unterstütz­t vom Bayerische­n Pilgerbüro und dem spanischen Fremdenver­kehrsamt.

 ?? FOTO: KATJA WAIZENEGGE­R ?? Pilgerinne­n unterwegs auf dem spanischen Ignatiuswe­g mit Blick zum Dorf Antoñana.
FOTO: KATJA WAIZENEGGE­R Pilgerinne­n unterwegs auf dem spanischen Ignatiuswe­g mit Blick zum Dorf Antoñana.
 ?? FOTO: LOIOLA TURISMO ?? Die Basilika von Loyola, 1738 erbaut neben dem Geburtshau­s von Ignatius in Azpeitia, ist Ausgangspu­nkt der Pilgerreis­e.
FOTO: LOIOLA TURISMO Die Basilika von Loyola, 1738 erbaut neben dem Geburtshau­s von Ignatius in Azpeitia, ist Ausgangspu­nkt der Pilgerreis­e.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany