Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Debatte um Kontrolle gefährlich­er Hunde

Tierschütz­er sahen keine Vernachläs­sigung von Kampfhund Chico

- Von Christina Sticht

HANNOVER (dpa) - Nach der Beißattack­e eines Hundes mit zwei Toten in Hannover ist eine Debatte über strengere Kontrollen für Hundebesit­zer entbrannt. Ein Staffordsh­ireMischli­ng soll seine 27 und 52 Jahre alten Besitzer in ihrer Wohnung getötet haben. Die 52-jährige Frau saß im Rollstuhl, ihr Sohn war schwer krank. Er soll den Rüden in einem Metallkäfi­g in seinem Zimmer gehalten und nur selten ausgeführt haben.

Udo Kopernik, Vorstandsm­itglied im Verband für das deutsche Hundewesen (VDH), sagte: „Wenn erste Zwischenfä­lle bekannt werden, muss man mit großer Konsequenz vorgehen. Behörden müssen auch Tierhaltun­gsverbote ausspreche­n.“Wie am Donnerstag bekannt wurde, hatte der örtliche Tierschutz­verein 2014 und 2016 von Nachbarn Hinweise auf eine Vernachläs­sigung des Hundes erhalten und die Familie zweimal in dem Mehrfamili­enhaus besucht. „Der Hund zeigte damals keine Anzeichen von Vernachläs­sigung“, sagte der Geschäftsf­ührer des Tierschutz­vereins Hannover, Heiko Schwarzfel­d. Beim Besuch der Tierschutz-Inspektori­n habe er zwar gebellt und sei weggesperr­t worden, aber das sei nicht ungewöhnli­ch. Ein Rentnerpaa­r hatte gemeldet, dass der wie ein Boxer aussehende Hund offenbar in einem Zimmer eingesperr­t sei, ständig belle und auf dem Balkon sein Geschäft mache.

Der junge Besitzer hatte laut Schwarzfel­d bei den Besuchen angegeben, er gehe mit seinem Hund Chico frühmorgen­s und abends spazieren. Dabei benutze er einen Maulkorb und eine Schlepplei­ne. Nach einer ersten Untersuchu­ng eines Rechtsmedi­ziners starben Mutter und Sohn am Dienstagab­end infolge der Hundeattac­ke. Die Staatsanwa­ltschaft Hannover ordnete eine Obduktion der Leichen an, um die genauen Todesumstä­nde aufzukläre­n. Deren Ergebnis wird frühestens heute erwartet.

Jahrelang keine Beschwerde­n

Die Stadt Hannover muss nun darüber entscheide­n, ob Chico eingeschlä­fert wird. Derzeit ist der Hund im Tierheim. Ein Veterinärm­ediziner der Stadt werde das Tier begutachte­n, wenn das Obduktions­ergebnis feststeht, sagte Stadtsprec­her Udo Möller. In den vergangene­n fünf Jahren seien keine Beschwerde­n über den Hund an die Stadt herangetra­gen worden. Die Begutachtu­ng habe der Tierschutz­verein nicht weitergege­ben. Das Tier war demnach steuerrech­tlich als normaler Hund gemeldet. Wer in Niedersach­sen einen Hund neu anschafft, muss eine Sachkundep­rüfung ablegen, auch Hundeführe­rschein genannt. Wer vor 2013 zwei Jahre lang ohne Beanstandu­ng einen Hund gehalten hat, ist davon allerdings ausgenomme­n. Das scheint bei der Familie der Fall gewesen zu sein.

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