Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Das Ende des ruhigen Neutrauchburgs“
Ein gewisser Stolz auf die Entwicklung Neutrauchburgs ist berechtigt, vom Kuhdörfchen mit Schloss und Gutshof, das zeitweilig nur mit Gummistiefeln zu begehen war, zum gepflegten Reha-Standort mit lockerer Bebauung, Wanderwegen und parkähnlicher Bepflanzung.
Weniger Stolz ist angebracht auf die von Bauamt und Ortsrat präsentierten Bauvorhaben. Die rechtliche Grundlage, allzu abenteuerlichen Bauanträgen entgegenzutreten, den bislang fehlenden Bebauungsplan, wollte man nicht schaffen, der sei (laut Bauamt) angeblich zu teuer. Eine ersatzweise beschlossene Bauvorschrift regelt kaum mehr, als zukünftig Flachdächer zu verbieten, und bietet keine Chance für eine gestalterische Einflussnahme auf die Ortsentwicklung. TRAUERANZEIGEN
Einem Investor, der dafür bekannt ist, hochpreisige Grundstücke aufzukaufen und bis auf den letzten Meter mit architektonisch wenig anspruchsvollen, aber lukrativ verkäuflichen Wohnungen zu bebauen, und der verständlicherweise im wirtschaftlichen Eigeninteresse und nicht stadtplanerisch handelt, ist somit nur schwer – wenn man es politisch überhaupt wollte – ein Riegel vorzuschieben.
Die geplante Bebauung des Springergrundstücks mit fünf mindestens dreistöckigen Häusern und 26 Wohneinheiten passt nicht zur bisherigen lockeren Bebauung Neutrauchburgs. Weil sie zu dicht an den Wald grenzen soll, ist die baurechtliche Zulässigkeit ohnehin noch fraglich. Viel bedrückender ist, dass der zu erwartende Verkehr, den 26 hochpreisige Wohneinheiten unweigerlich bedingen, über die Panoramastraße und angrenzende Verkehrswege, die dafür nicht im entferntesten ausgelegt sind, abgeleitet werden müsste. Das wäre das Ende des ruhigen Reha-Standorts Neutrauchburg.
Es gibt noch mehr große Wohngrundstücke in Neutrauchburg, die von ihren Besitzern aus demografischen Gründen in absehbarer Zeit aufgegeben werden. Genehmigt man jetzt das geplante Projekt auf dem Gelände der Springer-Villa, ist ein Präzedenzfall geschaffen, der Neutrauchburg unwiederbringlich verändern wird. Es ist Zeit, dass sich die Anwohner dagegen wehren.
Prof. Dr. Harry Hahmann, Neutrauchburg
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