Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Von katholischen Toiletten und der großen Freiheit
Beim Erinnerungscafé in der „Unteren Mühle“wurden bei 25 Isnyern Kindheitserinnerungen wach
ISNY - 25 Isnyer haben begeistert auf vergangene Zeiten zurückgeblickt: Im Rahmen des Erinnerungscafés, das vom Projekt „Panoramapartner“ins Leben gerufen wurde, trafen sie sich in der „Unteren Mühle“und tauschten sich über ihre Kindheitserfahrungen in den 40er-, 50er- und 60er-Jahren aus. Museumsleiterin Ute Seibold, die die Besucher empfing, freute sich sichtlich über das so zahlreiche Erscheinen.
Am intensivsten wurde gleich zu Beginn über das frühere Schulleben diskutiert. Edith Rauneker brachte einen ganzen Ordner mit Fotos und Berichten über ihre Schulzeit mit, der von ihren Sitznachbarn interessiert begutachtet und kommentiert wurde. Gerda Maier erzählte von den durch eine Mauer abgetrennten Bereichen, von denen in ihrer Schule einer für die katholischen und einer für die evangelischen Schüler bestimmt war. Auch die Toiletten waren getrennt zu benutzen. Eines Tages gab es eine lange Schlange vor „ihrer“Toilette, doch das Mädchen Gerda „musste so dringend, da hab’ ich einfach gefragt: Darf ich ausnahmsweise auf ein katholisches Klo gehen?“.
Die Geburt eines Kindes zählte offensichtlich schon immer zu den elementaren Themen innerhalb aller Familien. Als in der „Unteren Mühle“jedenfalls begonnen wurde, darüber zu sprechen, zeigten sich vor allem die Männer aufgeschlossen und erzählten von ihren Erfahrungen bei den Geburten ihrer Kinder. Von harschen Umgangsformen im Krankenhaus war da die Rede. Ebenso von den beiden bekannten Hebammen der damaligen Zeit, Allgaier und Kuringer, die übrigens auch konfessionsabhängig ausgesucht wurden. Und angesichts des nicht vorhandenen Nichtraucherschutzes durfte sogar im Entbindungszimmer geraucht werden, wie Walter Bühler erzählte.
Auf die Frage von Ute Seibold, wo denn zur damaligen Zeit der Kindergarten gewesen sei, antwortete die Runde einhellig „Im Springerstift!“Da dauerte es nicht lang, und es wurden Geschichten über einen Luftkampf über Isny erzählt, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs stattfand und die damals vier- und fünfjährigen Kinder in Angst und Schrecken versetzt habe. Zum Schutz seien sie in den Luftschutzkeller des heutigen Goldenen Adlers gebracht worden. Doch Elmar Haller berichtete auch, dass er als Kind insgesamt eher wenig beeinträchtigt war vom Krieg. Man habe immer auf der Straße gespielt und sei durch die kindliche Unbekümmertheit geschützt gewesen.
Hubert Jäger konnte das tägliche „Draußen- und Überall-Sein“ganz logisch erklären: „Wir waren immer draußen unterwegs, weil unsere Mütter sagten ,Ganget naus!’“Klar, die hatten alle mehrere Kinder, keine Waschmaschinen und jede Menge Arbeit zu erledigen. Da haben wir Kleinen nur gestört. Aber dadurch waren wir sehr frei und das war wunderbar!“