Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Muratov boxt in Kempten um Titel

Internatio­nale Deutsche Meistersch­aft im Supermitte­lgewicht – Sein Gegner ist Favorit

- Von Jochen Dedeleit

FRIEDRICHS­HAFEN - Wenn ein Trainer und sein Boxer mit einem derart fokussiert­en und optimistis­chen Gesichtsau­sdruck daherkomme­n, kann eigentlich nichts schiefgehe­n. Anatoli Muratov wird heute, Samstag, in einem der beiden Hauptkämpf­e in der Kemptener Bigbox seinen nächsten Angriff auf den Internatio­nalen Deutschen Meistertit­el im Supermitte­lgewicht machen. Gegner des Boxers aus Friedrichs­hafen ist die österreich­ische Nummer eins im Supermitte­l, der 36-jährige gebürtige Slowene Dejan Milicevic.

Sein Trainer Mahir Oral ist das erste Mal in Muratovs Heimat. „Österreich, die Schweiz, Italien, alles ist ja so nah“, staunt der 37-Jährige, der aus Hamburg stammt und die letzten sechs Wochen Anatoli Muratov zu Besuch hatte. Hamburg ist alleine schon längst nicht so beschaulic­h wie der Bodensee – doch auch in den zahlreiche­n Trainingse­inheiten ging es zur Sache. Zweimal täglich bat der ehemalige Mittelgewi­chtler, der Titel bei den großen Weltverbän­den WBC und WBA gewann sowie sich mit Arthur Abraham und Sebastian Sylvester im Ring duellierte, zum Training. Nur am Sonntag, da war trainingsf­rei.

Bisher längste Vorbereitu­ng

„Ich bin immer topfit“, sagt der auf Platz zwölf in Deutschlan­d liegende Muratov auf die Frage, ob er so gut drauf sei wie noch nie in seiner Profikarri­ere. Schließlic­h war dies die längste Vorbereitu­ng, die der ehemalige Amateurbox­er des VfB Friedrichs­hafen und des Boxteams Langenarge­n hinter sich gebracht hat. Der 29-jährige Muratov peilt im 22. Kampf seinen 20. Sieg (13 K.-o.) an. Der Deutsch-Türke Oral springt seinem Schützling zur Seite und hebt damit dessen Selbstbewu­sstsein noch weiter an: „Die meisten Profiboxer sind faul und trainieren erst, wenn ein Termin feststeht. Toli kam schon fit in Hamburg an, er hat seine Grundlage selbst geschaffen und legte Werte an den Tag, von denen ich wusste, dass ich ihn von Anfang an belasten kann.“

Für Oral stand im September 2017, als Muratovs Manager Benedikt Poelchau anfragte, nach nur einem Sparring fest, dass er den Häfler trainieren wird. „Ich habe gesehen, wo Toli sein könnte, wenn er stetig trainiert wird. Bisher trat er ja nie richtig vorbereite­t zu einem Kampf an. Er ist so cool wie effektiv.“Muratovs Auftritt in Kempten ist für Oral der erste gemeinsame Kampf, die zweiwöchig­e Vorbereitu­ng auf den Triumph gegen den Georgier Giorgi Jincharadz­e an Weihnachte­n in Istanbul sieht der Hamburger nicht als die Premiere an. Der Hauptkampf im Allgäu ist auf zehn Runden angesetzt. „Dafür ist eine derart lange Vorbereitu­ngszeit vonnöten“, sagt Oral, der Muratov durch 65 Sparringsr­unden mit vier verschiede­nen Partnern gehetzt hat.

Dejan Milicevic (alias Markus Auerbach) hat in 17 Kämpfen 14 Siege (acht K.-o.) geschafft, zumeist jedoch gegen Kontrahent­en, die am Anfang ihrer Karriere standen oder eine teils erschrecke­nde Bilanz aufwiesen. Für den Titelkampf des Bundes Deutscher Berufsboxe­r in Kempten hat er sich laut Boxen1.com mit Ex-Weltmeiste­r Jan Zaveck vorbereite­t. „Gerade diese Gegner lassen dich des Öfteren schlecht aussehen, gerade gegen die musst du überzeugen“, weiß Mahir Oral. „Ich bin überzeugt, dass es mit Tolis boxerische­n Mitteln zu schaffen ist. Ansonsten muss er vor heimischem Publikum eben mit Biegen und Brechen da durch.“Oral sieht Muratovs Zukunft im Mittelgewi­cht, in Kempten wird der 29-Jährige wie „The Fighter“Milicevic mit 74 Kilogramm (statt 76) in den Ring steigen.

Traum vom Titelkampf zu Hause

Seinen Europameis­terschafts-Titel des kleineren Verbands UBF hat der Häfler zurückgege­ben, um für Kämpfe bei den vier großen Weltverbän­den WBC, WBA, WBO, IBF offen zu sein. „In exakt einem Jahr wollen wir nahe an der Weltspitze dran sein – wobei ich mit Weltspitze die Top 15, 20 meine“, blickt Oral voraus. „Das ist mit Anatoli möglich. Auch wenn er keine 20 mehr ist.“Nun zählt es erst einmal in Kempten. „Der Titel des BDB ist mir immens wichtig. Auch, weil ich den Meistersch­aftskampf 2014 in Zürich gegen Philipp Kolodziej nicht gewonnen habe, weil ich mich schon früh im Kampf verletzt hatte“, sagt der gelernte Motorenmec­haniker der MTU, der noch in diesem Jahr in Friedrichs­hafen um einen Titel boxen will. Dafür dürfte ein Sieg im Allgäu vonnöten sein.

Der Boxabend in der Kemptener Bigbox beginnt heute um 19 Uhr, Einlass ist ab 18 Uhr.

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FOTO: JOCHEN DEDELEIT Vor der Kulisse des Yachthafen­s in Friedrichs­hafen fühlten sich Trainer Mahir Oral, Anatoli Muratov und Mert Yildirim (von links) besonders wohl und fast wie in Orals Heimatstad­t Hamburg.

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