Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ein Kloster im Exil
Vom Umgang mit der Geistlichkeit im Dritten Reich
BAD WURZACH - Zu einem höchst interessanten Vortrag hat die Seelsorgeeinheit Bad Wurzach gemeinsam mit der katholischen Erwachsenenbildung eingeladen. Referentin des Abends war die promovierte Historikerin Inge Steinsträßer aus Bonn, die sich drei Jahre lang intensiv dem Archiv des Klosters Kellenried widmete. Aus den gewonnen Erkenntnissen verfasste sie ein Buch, das weit über die Schilderung einer Klostergeschichte hinausgeht („Im Exil – 1940 bis 1945“).
Steinsträßer ist schon seit mehr als 20 Jahren mit den Benediktinerinnen von Kellenried verbunden. Ausschlaggebend für ihre Recherche war ein Artikel der „Schwäbischen Zeitung“von 2006, auf den sie bei Renovierungsarbeiten im Kloster gestoßen war. Sie habe zwar vom Exil in der Kriegszeit gewusst, so Steinsträßer, aber die genauen Zusammenhänge waren ihr nicht bekannt gewesen. Was sie dann den Anwesenden, darunter die heutige Äbtissin Maria Regina, schilderte, gab tiefe Einblicke in den perfiden Umgang der Nationalsozialisten mit den Orden und geistlichen Gemeinschaften im Dritten Reich.
So erzwang am 1. November 1940 eine Kommission der NationalSozialistischen Deutschen ArbeiterPartei (NSDAP) nicht nur den Einlass ins Kloster, sondern machte auch vor der Klausur nicht Halt und erklärte das Kloster für beschlagnahmt. Die 60 Nonnen mussten das Kloster räumen. Lediglich 13 Ordensfrauen „durften“zur Bewirtschaftung und Erledigung aller Arbeiten bleiben – dazu gehörten auch das Leeren der Sickergrube, Dachreparaturen, Spengler-, Schreiner- und Pflasterarbeiten.
Nonnen passten nicht ins NS-Bild der Frau
Als Grund für die Räumung wurde angegeben, dass man es für Umsiedler aus Bessarabien im Zuge der „Heim ins Reich“bezeichneten Umsiedlung der sogenannten Volksdeutschen benötige. In Wirklichkeit passten Ordensfrauen nicht in das nationalsozialistische Bild der Frau, die die arische Rasse zu erhalten hatte. Zudem wurden Orden mit ihrem spezifischen Eigenleben als „Staat im Staat“angesehen, weshalb ihre Auflösung und Vernichtung angestrebt wurde.
Die Benediktinerinnen, die das Kloster verlassen mussten, kamen zum Beispiel im „Klösterle“in Ravensburg oder in der Erzabtei Beuron unter. Als diese 1941 ebenfalls beschlagnahmt wurden, fanden die meisten auf Schloß Zeil Asyl. Fürst Erich, der den Nationalsozialismus ablehnte, setzte sich für die klösterliche Gemeinschaft ein.
Äbtissin Scholastica Riccabona von Reichenfels gelang es, den monastischen Zusammenhalt zu den über Süddeutschland verteilten Zellen zu erhalten, bis am 28. Oktober 1945 der Wiedereinzug in Kellenried gefeiert wurde.