Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Um die Erinnerungswunde zu heilen
Deutsches Hutmuseum in Lindenberg beschäftigt sich mit der Geschichte der Hutfabrik Ottmar Reich
LINDENBERG - Das Deutsche Hutmuseum in Lindenberg wirft einen Blick in seine eigene Vergangenheit. Noch bevor das Haus in der ehemaligen Hutfabrik Reich die Türen zum ersten Mal öffnete, war den Verantwortlichen klar: Sie wollen sich auch der Geschichte dieses Unternehmens widmen. Vor einem Jahr ist aus dem Vorsatz Ernst geworden. Hinter den Kulissen laufen die Arbeiten mittlerweile auf Hochtouren. Die nächste Sonderausstellung widmet sich der „Hutfabrik Ottmar Reich – Aufstieg, Hochzeit, Niedergang“, so der Titel. Das Thema ist nicht ganz einfach, sagt Museumsleiterin Angelika Schreiber. Mit dieser Ausstellung wird das Museum wohl auch aufrütteln.
Schreiber spricht vor allem im Zusammenhang mit dem Niedergang der Hutfabrik Reich von einer „Erinnerungswunde“: Große Konflikte und viele Lebensgeschichten seien damit verbunden: „Generationen von Lindenbergern arbeiteten in dieser Fabrik. Vom Untergang war praktisch die ganze Stadt betroffen.“Das wäre in etwa vergleichbar damit, wenn das LiebherrWerk schließen würde. 20 Jahre nach der Schließung der Fabrik sei nun „ein guter Abstand“, um daran zu erinnern: Es gibt noch Menschen, die die Geschichte miterlebt haben und doch ist genug Zeit vergangen, um zu verarbeiten. „Vielleicht können wir die Wunde ein kleines Bisschen schließen, ein bisschen heilen“, sagt Schreiber. Schon mit der Dauerausstellung hat sie gemerkt: „Es freut viele Lindenberger, dass die Arbeiter auch im Mittelpunkt stehen.“Sie gehören zur Stadt, zur Geschichte, schließlich waren sie es auch, die „zu Wohl und Wehe von Lindenberg“beigetragen haben.
Warten auf Reaktionen
Freilich: Emotionen und Erinnerungen sollen auch mit der neuen Ausstellung geweckt werden. Der Museumsleiterin ist klar, dass vielleicht der Satz kommt „das war gar nicht so“oder, dass mancher Aspekte vermisst, die nicht beleuchtet werden. „Aber auf solche Reaktionen warten wir auch und freuen uns auf die Resonanz.“
Bis es soweit ist, ist ein weiter Weg. Am Anfang steht die Idee. Doch irgendwann müssen sich die Verantwortlichen fragen: Wie belastbar ist diese? „Schnell war auch klar, dass nicht nur der Untergang Thema sein soll“, erzählt Schreiber. Die Macher stehen vor einer großen Herausforderung: „Von der Gründung der Fabrik 1838 bis zu ihrem Ende 1997 ist ein großer Bogen und vieles aus der Hutfabrik ist bereits im Museum vertreten.“Hinzu kommt, dass der Niedergang des Unternehmens mit einer Insolvenz einherging: Was man noch zu Geld machen konnte, wurde verkauft. Im Stadtarchiv und von Zeitzeugen gibt es viele Informationen, doch wie lassen sie sich anschaulich, packend darstellen? Vier Jahre nach der Museumseröffnung haben die Macher also immer noch viel vor. Und ein kleiner Blick auf den Zeitplan von Angelika Schreiber verrät: Es kommen noch viele Ausstellungen, die das Museum selbst gestaltet.