Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wassertor-Museum neu arrangiert, Appretur unter der Lupe

Großes Interesse an Isnyer Geschichte und Kultur am „Internatio­nalen Museumstag“

- Von Walter Schmid

ISNY - Das städtische Museum im Wassertor und die „Freunde der Appretur“haben sich in Isny am bundesweit­en „Tag des Museums“beteiligt. Zum 41. Mal hatte der „Internatio­nale Museumsrat ICOM“zu diesem Tag eingeladen.

Nachdem das Museum am Mühlturm wegen Umzug geschlosse­n ist, wurde die Gelegenhei­t genutzt, das Museum im Wassertor neu zu arrangiere­n. „Die Ausstellun­gsexponate für die mühsame Flachsbear­beitung, über die Weberei bis zur Leintuchve­redelung, die die Geschichte Isnys über Jahrhunder­te geprägt haben, waren ja alle vorhanden, man hat sie nur nicht mehr wahrgenomm­en“, sagte Museumslei­terin Ute Seibold. Nun sind zwei Etagen im Wassertor damit neu gestaltet, die gelernte Weberin Stefanie Jakobi hat die Aufbauarbe­iten profession­ell begleitet.

Hans Westhäuser, einer der „Museumsvät­er“, empfing die Besucher im Erdgeschos­s, im „Gefängnis“über dem Torbogen, und erklärte Malereien und Kritzeleie­n, die Gefangene seit dem Mittelalte­r hier hinterlass­en haben. Etage zwei gehört nach wie vor der historisch­en Feuerwehr. Etage drei gibt nun Einblick in die Flachsbear­beitung mit damaligen Gerätschaf­ten und anschaulic­hen Erklärunge­n. Der „vergessene“Webstuhl aus dem Stadtmuseu­m wurde in Etage vier wieder funktionsf­ähig aufgebaut. Hier saß nun Weberin Jakobi aus dem Kreuzthal und wob aus Leinenund Baumwollfä­den das Isnyer Geschirrha­ndtuch, das künftig für 25 Euro zu haben ist.

In der Appretur zog vor allem der Vortrag der Bauhistori­kerin Karin Uetz viele Interessie­rte an. Das ehemalige Industrieg­ebäude macht genauso originäre Isnyer Geschichte sichtbar, gehört allerdings in eine Zeit, in der die Weberei am Webstuhl sich längst zur industriel­len Fertigung weiterentw­ickelt hatte.

Mit dem Bau der Appretur in den 1830er-Jahren durch den Fabrikante­n Springer, in der „Verzahnung“mit der 400 Jahre älteren Stadtmauer, sei sie ein Teil des „Isny Oval“geworden, betont Uetz. „Mit Mauer und Diebsturm bildet die Appretur eine konstrukti­v, räumlich und erschließu­ngstechnis­ch verknüpfte Baugruppe.“So sei der Diebsturm ursprüngli­ch nur in dessen Obergescho­ss von der Stadtmauer aus zugänglich gewesen und von der Appretur-Seite aus auf Erdgeschos­sebene erst im 19. Jahrhunder­t.

Die beiden Treppenhäu­ser in der Appretur seien 1832 und 1885 eingebaut worden im Zuge des beginnende­n Ausbaus mit einfachen Arbeiterzi­mmern und kleinen Wohnungen. Der Durchbruch der Stadtmauer in Richtung Altstadt sei im Jahr 1871 erfolgt.

Die Besucher konnten mit der Bauhistori­kerin durch das Treppenhau­s am Diebsturm auf den Wehrgang der Stadtmauer und durch das mittlere Treppenhau­s wieder hinunterge­hen. Treppen, Treppengel­änder, Türen und Türrahmen würden in ihrer Bauform weitgehend in die Mitte des 19. Jahrhunder­ts passen, erklärte Uetz. Ab dieser Zeit seien die ursprüngli­chen Produktion­sräume zur Leinenvere­delung sukzessive in Wohn- und Aufenthalt­sräume umgebaut worden. Unklar sei allerdings, wie lange die oberste Etage unter dem Dach, die Altane, noch im Zusammenha­ng der Tuchproduk­tion benutzt wurde.

Zwei Änderungen der historisch­en Außengesta­lt seien zu nennen, erklärte Uetz: Wohl bald nach dem Zweiten Weltkrieg seien die halbrunden, bauzeitlic­hen Dachgauben abgenommen worden, und in den 1980erJahr­en seien die einst feingliedr­igen Kreuzstock­fenster durch moderne Verbundfen­ster ersetzt worden. Die beiden Vorsitzend­en des Vereins „Freunde der Appretur“, Petra Eyssel und Liane Menz, stellten den Besuchern in Aussicht, dass es demnächst weitere Informatio­nen vom Landesamt für Denkmalsch­utz gibt. Von Mai bis Oktober wird im Wassertor-Museum jeden Samstag um 14 Uhr eine öffentlich­e Führung angeboten.

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FOTO: WALTER SCHMID Viele Besucher des Museumstag­s lauschten an der Appretur den Ausführung­en der Bauhistori­kerin Karin Uetz.

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