Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Untersuchung: Bio-Milch ist gesünder
Forschungsanstalt in Kempten hat Lebensmittel zehn Jahre lang getestet
OTTOBEUREN/KEMPTEN - Ulrich Hildebrandt ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologe in Prien am Chiemsee. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich unter anderem damit, wie sich die Ernährung und Haltung der Kühe auf die Fettzusammensetzung der Milch auswirkt. Das Thema interessiere ihn, weil er einen Schwerpunkt seiner Arbeit in der Prävention von Krankheiten sieht, beispielsweise in der Vorbeugung von Herzinfarkten. Und dabei spiele die Ernährung eine wichtige Rolle, sagte der Mediziner gestern bei der Vorstellung einer neuen Studie auf dem BioMilchhof der Familie Lerf in Denneberg bei Ottobeuren. Denn viele Verbraucher wissen bereits, dass Fisch und mediterrane Kost gesund sind. Doch wie sieht es mit Milch aus?
Der Allgäuer Lebensmittelhändler Feneberg hatte das Labor- und Dienstleistungszentrum MUVA in Kempten vor zehn Jahren damit beauftragt, den Gehalt an Omega-3Fettsäuren in Milch und Milchprodukten aus dem regionalen Von Hier-Programm zu bestimmen. Dabei wurden über Jahre hinweg zweimal jährlich Proben untersucht – insgesamt waren das 600: aus der Winterfütterung der Tiere und vom Sommer mit Weidehaltung. Jetzt stellte MUVA-Mitarbeiter Hans Tober die Ergebnisse vor – auch im Vergleich zu Milch anderer Herkunft.
Fast dreimal so viel
Demnach ist der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren am höchsten in der Von- Hier-Heumilch mit 1,4 Gramm pro 100 Gramm Fett. Auf Platz zwei folgt die Von Hier-Biomilch aus Silageund Heufütterung (1,2 Gramm Omega-3-Fettsäuren pro 100 Gramm Fett).
Zum Vergleich: Biomilch aus Deutschland enthält nach Angaben der MUVA im Schnitt 1,1 Gramm pro 100 Gramm Fett. Bei der konventionellen Milch sind es dagegen nur 0,4 bis 0,6 Gramm pro 100 Gramm Fett.
„Warum die Silagefütterung weniger Omega-3-Fettsäuren in der Milch bringt, ist nicht bekannt“, sagte Tober. Tatsache sei, dass man an der Milch erkennen könne, ob Tiere mit Heu oder mit Mais und Kraftfutter ernährt werden. Landwirtschaftsberater Ernst Wirthensohn (Buchenberg) nannte es „überraschend, dass viele Betriebe auf Heumilch umstellen“und damit auf Silage-Fütterung verzichten.
Der 79-jährige Wirthensohn war vor 20 Jahren der Ideengeber für das Von-Hier-Programm und damit für eine der erfolgreichsten regionalen Biomarken in Deutschland. Er habe es „geradezu als Sensation verstanden“, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DEG) seit Neuestem den täglichen Konsum von Milch oder Milchprodukten empfehle, sagte Wirthensohn.
Wie ein gutes Glas Wein
„Milch in Maßen“, empfahl auch Mediziner Hildebrandt. Dabei sei die Heumilch so etwas wie ein gutes Glas Wein am Tag. Eine Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren durch Nahrungsergänzungsmittel hält der Mediziner für unsinnig: Solche Pillen hätten „nachweislich keinen Effekt“, zitierte er das Fazit von entsprechenden Studien. Was außer einer ausgewogenen Ernährung noch zu einem gesunden Leben ohne großes Infarktrisiko gehört?
Neben verschiedenen psychosozialen Faktoren bezeichnete der Arzt ausreichend Bewegung als wichtig: „Und Bewegung und noch mal Bewegung“, bekräftigte er. Aus medizinischer Sicht sei eine Ernährung mit viel Gemüse und weniger Fleisch sinnvoll.
Große Halle für Heutrocknung
Landwirt Michael Lerf, der den Hof im Unterallgäu in dritter Generation als Familienbetrieb führt, produziert Heumilch und Produkte daraus für Feneberg. Für die Umstellung auf Heumilch 2015 war eigens eine 8000 Quadratmeter große Halle für die Heutrocknung gebaut worden. Dort lagert das Futter für 80 Milchkühe und 70 Jungtiere.