Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Ökobilanz ist entscheidend
Das Wattestäbchenverbot soll nun also die Weltmeere retten. Trotz Mülltrennung, erzeugerfinanzierten Sammelsystemen wie dem Grünen Punkt und Anreizen für Verbraucher wie dem Flaschenpfand wächst das Problem von Jahr zu Jahr. Die Politik reagiert mit einer Mischung aus mahnenden Appellen an Konsumenten und Hersteller sowie höheren Abgaben und Verboten. Gleichzeitig tut sie aber auch alles für eine gut geölte Konjunktur, zu der ein ständig steigender Binnenkonsum nun einmal beiträgt.
Da beim Onlinehandel noch Luft nach oben ist, hat die EU jüngst Gesetze beschlossen, die Käufe im Internet ankurbeln und die Verbraucher ermutigen sollen, den weltweiten Marktplatz stärker zu nutzen. Dass das zu mehr Plastikmüll führt, liegt auf der Hand. Wer online seine Dunstabzugshaube bestellt, nimmt durch einen möglicherweise sehr langen Transportweg eine verheerende Ökobilanz in Kauf. Auch werden ihm zwecks Zeitersparnis die Bauteile für Abluft ebenso dazugepackt wie die für Umluft. Das ist billiger, als bei den Kunden abzufragen, welche Variante gebraucht wird. Der überflüssige Bausatz landet ebenso im Müll wie riesige Mengen an Styropor und Plastik, die nach dem Auspacken übrig bleiben.
Die EU-Kommission rechtfertigt die neue Plastikgesetzgebung damit, dass sich in Umfragen 80 bis 90 Prozent der Befragten dafür aussprechen, der Plastikflut mit drakonischen Mitteln den Kampf anzusagen. Doch weder Verbote noch festgeschriebene Recyclingquoten ändern etwas am Grundproblem, dass immer mehr produziert und konsumiert wird. Auch Aufklärungskampagnen bringen eher wenig, wenn ohnehin längst fast jeder das Problem erkannt und begriffen hat.
Doch in Umfragen die politisch korrekte Antwort zu geben, ist wohlfeil. Solange wir nicht bereit sind, Abstriche an Bequemlichkeit und Lebensstil in Kauf zu nehmen, solange wir uns um die Ökobilanz der Produkte nicht scheren und eher zum Billigprodukt greifen, werden biologisch abbaubare Wattestäbchen die Weltmeere nicht retten.