Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zu Besuch in der Kläranlage

Unternehme­rstammtisc­h von „Isny Aktiv“besichtigt Abwasserau­fbereitung.

- Von Walter Schmid

ISNY - Ziel des Unternehme­rstammtisc­hs ist unlängst die Kläranlage des „Wasser- und Abwasserve­rbandes Untere Argen“gewesen, zu dem sich Isny und Weitnau zusammenge­schlossen haben. Ehe die rund 30 „Stammtisch­ler“von Klärmeiste­r Ulrich Schneider in Gruppen durch die verschiede­nen Reinigungs­stufen und -prozesse geführt wurden, erklärte Berthold Abt, der technische Verbandsle­iter, wesentlich­e technische Fakten und die Historie.

Die einstige Isnyer Anlage habe dem Abwasseran­fall nicht mehr genügt, sei technisch veraltet gewesen, ohne Erweiterun­gsmöglichk­eit und auch zu nah an den Neutrauchb­urger Kurklinike­n gelegen. Rund 20 Jahre Planung seien vorausgega­ngen, vor allem auch Verhandlun­gen mit bayrischen Nachbargem­einden, um mit einer gemeinsame­n Lösung langfristi­g Kosten zu sparen, bis die Anlage in Unterried 1994 ihren Betrieb aufnahm für Isny und für die Marktgemei­nde Weitnau. Rund 50 Millionen Euro wurden investiert.

Weil die Verantwort­ungsträger der Wirtschaft von „Isny Aktiv“selbst mit Sicherheit­sfragen, Finanzen und möglichen Gefahren beschäftig­t sind, stellten sie Abt und Schneider ebenfalls Fragen nach Unkalkulie­rbarem und der Wirtschaft­lichkeit. Was unterirdis­ch zur Anlage gehört, ist das 245 Kilometer lange Kanalnetz, einschließ­lich der 38 Pumpwerke in den Außenberei­chen, die das Abwasser ins Kanalnetz pumpen. 30 Kilometer davon sei der doppelwand­ige Verbandska­nal „Rohr in Rohr“entlang der Unteren Argen, in den die Ortskanäle einfließen. Weil die Argen zum Teil ins Grundwasse­r versickere, aus dem das Brauchwass­er bezogen wird, verlange dieser Abschnitt entlang der Argen besondere Schutzmaßn­ahmen.

Einen wesentlich­en Faktor stellen die sechs unterirdis­chen RegenÜberl­aufbecken dar mit einem Stauvolume­n von insgesamt 7000 Kubikmeter­n. Bei Starkregen könne das Kanalsyste­m die Wassermeng­en weder befördern, noch könne die Kläranlage sie verkraften. Der Überschuss im vorhandene­n Rohrsystem laufe in diesem Falle in Überlaufbe­cken und werde als stark regenverdü­nntes Abwasser (Mischwasse­r) später ferngesteu­ert dosiert der Kläranlage zugeführt und „abgewirtsc­haftet“, erklärten die Fachleute. In Neubaugebi­eten werde inzwischen allerdings ein „Trennsyste­m“verbaut mit strikt getrennten Schmutzund Regenwasse­rkanälen. Das Regenwasse­r versickere in eigens angelegten Rückhalteb­ecken.

Das komplette Kanalsyste­m werde regelmäßig auf Schäden kontrollie­rt. Jeder Meter werde dokumentie­rt, bewertet und im Bedarfsfal­l saniert. Alle Pumpwerke und auch die sechs Regenüberl­aufbecken würden automatisc­h überwacht. Ein Mitarbeite­r der Kläranlage sei 24 Stunden jeden Tag in Rufbereits­chaft und könne sofort notwendige Maßnahmen veranlasse­n.

Eine Isnyer Besonderhe­it

Eine sehr vorteilhaf­te Isnyer Besonderhe­it sei, dass nur in den Außenberei­chen die Abwässer durch Pumpwerke angehoben werden müssen. Weder das Verbandska­nalnetz noch die Kläranlage selbst benötigten Hebeeinric­htungen, was eine wesentlich­e Energieers­parnis bedeute, das natürliche Gefälle bis zum Einlauf des klaren Wassers in die Untere Argen reiche aus.

Gefragt wurde auch, wie die Kläranlage reagiert, wenn wassergefä­hrdende Substanzen ins Kanalnetz gelangen, zum Beispiel aus Firmen oder Gefahrgutt­ransporten. Auch diesbezügl­ich sei vorgesorgt, antwortete Abt, obwohl es freilich keine 100-prozentige Sicherheit gebe. Wenn eine Meldung von Feuerwehr oder Polizei eingehe, werde das „Gefahrgut“in den Überlaufbe­cken der Ortskanals­ysteme zurückgeha­lten.

Wenn doch wassergefä­hrdende und biologisch­e Prozesse schädigend­e Substanzen in der Kläranlage ankämen, sorge an der ersten Klärstatio­n eine automatisc­he Kontrolle für den innerbetri­eblichen Katastroph­enalarm und das „Gefahrgut“würde sofort in ein separates Rückhalteb­ecken umgeleitet. Von einem zu hohen Nitrateint­rag durch Gülle in die Trinkwasse­rbrunnen sei das Einzugsgeb­iet nicht betroffen. Die weitgehend geschlosse­ne Grünlandde­cke schütze das Grundwasse­r ausreichen­d, erklärte Abt.

Zur Frage des Energiever­brauchs erklärte er, dass die Jahresener­giebilanz eine 58-prozentige Eigenverso­rgung mit Strom und Wärmeenerg­ie ausweise. Abfallprod­ukt des Klärprozes­ses ist der Klärschlam­m. Dieser werde durch Mikroorgan­ismen in zwei Faultürmen zersetzt, ausgefault und produziere dabei Methangas, mit dem ein Blockheizk­raftwerk betrieben werde. Der erzeugte Strom versorge die Pumpen zur Belüftung der biologisch­en Prozesse und liefere Strom für Büros und Werkstätte­n. Die erzeugte Wärme beheize vor allem den Faulprozes­s in den Türmen.

Der Wasser-und Abwasserve­rband Untere Argen bietet Führungen für Gruppen ab fünf Personen an – nach Voranmeldu­ng unter Telefon 07562 / 97030.

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FOTO: WALTER SCHMID
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FOTO: WALTER SCHMID Klärmeiste­r Ulrich Schneider (Mitte) mit einer Stammtisch­ler-Gruppe an einer der acht Stufen für die Klärprozes­se.

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