Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ölriese Shell steigt bei „Sonnen“ein
Internationale Investoren pumpen 60 Millionen Euro in Oberallgäuer Unternehmen
WILDPOLDSRIED - Die 2010 gegründete Sonnen GmbH aus Wildpoldsried (Oberallgäu) gilt als Shooting Star im Markt der erneuerbaren Energien. Jetzt steht der weltweit führende Hersteller von Stromspeichern vor dem bislang größten Wachstumsschub in der Firmengeschichte: Wie gestern bekannt wurde, pumpt der britische Energiekonzern Shell zusammen mit weiteren Investoren 60 Millionen Euro in das Oberallgäuer Unternehmen. Sowohl beim Umsatz als auch bei der Mitarbeiterzahl erwartet die Firmenleitung weiter ein rasantes Wachstum.
Das einstige Start-up will mit dem frischen Kapital seine Spitzenposition bei der Produktion von Energiespeichern ausbauen und innovative Dienstleistungskonzepte weiter entwickeln – etwa für virtuelle Kraftwerke oder die „SonnenCommunity“, deren Mitglieder selbst erzeugte Energie untereinander aufteilen. Bei diesem „Strom- Sharing“ist derzeit genug Energie im Spiel, um rechnerisch 120 000 Menschen mit Strom zu versorgen.
Der Umsatz der Sonnen GmbH kletterte zuletzt um gut 60 Prozent nach oben, sagt Sprecher Mathias Bloch. Lag die Marke 2016 noch bei 41 Millionen Euro, so waren es im Vorjahr bereits mehr als 65 Millionen. Die Gewinnzone wurde Ende 2017 allerdings noch nicht erreicht.
Sitz des Unternehmens soll in Wildpoldsried bleiben
Wildpoldsried soll auch künftig Sitz des Unternehmens bleiben. Dort sind laut Bloch 260 der insgesamt 450 Mitarbeiter beschäftigt. In der 2600-Seelen-Gemeinde bei Kempten sitzt neben dem Firmenstab auch die Hard- und Softwareentwicklung. Außerdem fertigt „Sonnen“dort pro Monat über 1100 Stromspeichersysteme. „Schwerpunkt sind Heimspeicher mit bis zu 16 Kilowattstunden Speicherkapazität“, sagt Bloch. Sie werden meist von Privathaushalten genutzt, um den gewonnenen Strom aus Fotovoltaik-Anlagen für die Nacht zurückzuhalten.
„Wir werden in Wildpoldsried kontinuierlich wachsen“, kündigt Bloch zusätzliche Arbeitsplätze in „spannenden Bereichen“an – ITSpezialisten und Prüfingenieure seien ebenso gefragt wie Elektronikfachkräfte und Produktionshelfer. Zweiter deutscher Standort ist Berlin. 80 Angestellte betreuen von dort aus die Bereiche Vertrieb und Service. Niederlassungen gibt es zudem in Italien, Großbritannien, Australien und den USA.
Milliarden, um sich für die Elektromobilität zu wappnen
„Die Sonnen GmbH wächst schneller als der Markt und führt neue Geschäftsmodelle und Technologien ein“, sagt Geschäftsführer Christoph Ostermann. „Dies erfordert kontinuierliche Investitionen.“Man sei stolz, dass alle bisher beteiligten Investoren, darunter auch Unternehmen wie General Electric, hinter diesen Plänen stünden. Mit Shell sei einer der weltweit größten Akteure im Energiebereich neu hinzugekommen. Hintergrund: Der Ölriese investiert Milliarden, um sich für die Elektromobilität zu wappnen – so übernahm Shell 2017 einen niederländischen Anbieter von Ladestationen. Ziel ist es laut Brian Davis von der Unternehmensführung nun, die Aktivitäten im Stromsektor mit den „hochqualitativen und innovativen“Produkten und Geschäftsmodellen von „Sonnen“zu koppeln. Details nannte er nicht. Die Shell-Beteiligung hält „Sonnen“-Sprecher Bloch für eine „Auszeichnung.“Dass sein Unternehmen sich eines Tages zur Aktiengesellschaft wandeln könnte, wollte er gestern gegenüber unserer Zeitung nicht ausschließen: „Ein Börsengang ist eine Option, die wir uns für die Zukunft offen halten.“