Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kritisch und engagiert: Michael Schnieber feiert 90. Geburtstag
Der ehemalige stellvertretende Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“verfolgt das aktuelle Geschehen sehr aufmerksam
LEUTKIRCH - Älteren Lesern dürfte er als Verfasser gründlich recherchierter Texte und meinungsstarker, pointierter Kommentare in bester Erinnerung sein: Michael Schnieber, fast 30 Jahre Ressortleiter Landesüberblick und 25 Jahre stellvertretender Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“. Am Donnerstag hat der engagierte Journalist auf der Pfingstweide seinen 90. Geburtstag gefeiert – bei guter Gesundheit und mit einer Vielzahl von Gratulanten. Auch Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle gratulierte am Freitagvormittag und überbrachte Urkunde und Glückwünsche von Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Kritisch, gern auch mit spitzer Feder, dabei immer journalistischer Sorgfalt und Fairness verpflichtet – so hat Michael Schnieber über all die Jahre hinweg seine berufliche Aufgabe gesehen, und ebenso kritisch und sorgfältig beobachtet er das aktuelle Geschehen bis auf den heutigen Tag. Ob Center Parcs oder Verkehrsplanung, ob Erschließung neuer Baugebiete oder Entwicklung von Firmen und Betrieben – im Gespräch mit dem OB zeigt sich Schnieber informiert – und bezieht Stellung. „Wie Sie das durchgezogen haben, Gratulation“, lobt er Henles Engagement in Sachen Center Parcs. Um wenig später seinen Unmut über den Verlust des Krankenhauses zu äußern: „Leutkirch ist in medizinischen Notfällen miserabel versorgt.“
Mehrere Monate in Kriegsgefangenschaft
Geboren am 31. Mai 1928 in Chemnitz als sechstes Kind einer evangelischen Pfarrersfamilie, hat Michael Schnieber seine Kindheit und Jugend in Chemnitz, Leipzig und Dresden verbracht und teilt die schlimmen Erlebnisse dieser Kriegsgeneration: mit 15 Jahren als Luftwaffenhelfer einberufen, 1945 bei den Bombenangriffen auf Dresden das Elternhaus verloren, mehrere Monate in amerikanisch-französischer Gefangenschaft verbracht.
Seine berufliche Tätigkeit beginnt der Redakteur 1948 in Bamberg, ehe er 1959 zur „Schwäbischen Zeitung“nach Leutkirch wechselt. 34 Jahre, bis zum Beginn des Ruhestands 1993, bleibt er der SZ treu, seit 1965 als Ressortleiter Landesüberblick, ab 1968 zudem als stellvertretender Chefredakteur unter Chrysostomus Zodel. Für seinen Artikel „In bester Lage und in aller Stille“über das Bauen am „Leutkircher Vetterleshang“oberhalb des Stadtweihers erhielt er 1973 den Wächterpreis der deutschen Tagespresse. Im Ruhestand wird sein Wissen schließlich zur Grundlage mehrerer Buchproduktionen.
Doch der Vater dreier Töchter und Großvater von sechs Enkelkindern zeigte stets auch bürgerschaftliches Engagement: Elf Jahre gehörte er dem katholischen Kirchengemeinderat von St. Martin an, fünf Jahre war er Elternbeiratsvorsitzender der Grundschule am Oberen Graben, schon in den 90er-Jahren betreute er zusammen mit seiner Frau Flüchtlinge aus Eritrea. Als Mitglied und langjähriger Vorsitzender des Freundeskreises der St.-Gallus-Hilfe wurde er für seine „engagierte Lobbyarbeit für behinderte Menschen und deren Angehörige“im Jahr 2005 mit dem Ehrenzeichen der Stiftung Liebenau ausgezeichnet.
Mit seiner Frau Elfriede ist Schnieber seit 61 Jahren verheiratet, seit zehn Jahren pflegt er die kranke Ehefrau zu Hause. Was seine eigene Gesundheit angeht, so ist der 90-Jährige „zufrieden – auch wenn sich erste kleine Rostflecken zeigen“.