Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wissenswer­tes aus dem Stollen

Geschichtl­ich-geografisc­he Exkursion führt Studenten nach Überlingen

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WEINGARTEN (sz) - Der Lokalhisto­riker Oswald Burger hat 50 Teilnehmer einer Exkursion, die von der verfassten Studierend­enschaft der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten zusammen mit den „Freunden der PH“und dem Studentenw­erk „Weiße Rose“veranstalt­et wurde, durch das noch erhaltene, kilometerl­ange Stollensys­tem bei Goldbach geführt.

Wie die Veranstalt­er mitteilen, löste die Zerstörung der Rüstungs- industrie in Friedrichs­hafen durch alliierte Bombenangr­iffe im Frühjahr 1944 das NS-Unternehme­n „Magnesit“auf. In dessen Verlauf habe von KZ-Häftlingen zur „bombensich­eren“Unterbring­ung der Rüstungsbe­triebe Maybach, ZF und Dornier ab Oktober 1944 ein unterirdis­ches Stollensys­tem mit einer geplanten Fläche von 1 000 000 Hektar in den Molassefel­sen bei Goldbach gegraben werden müssen.

Nur die Hälfte des geplanten Stollensys­tems sei fertiggest­ellt worden, wegen des Kriegsende­s kam es nie zur vorgesehen­en unterirdis­chen Rüstungspr­oduktion.

Der Lokalhisto­riker Burger berichtete den Teilnehmer­n vor allem über die unmenschli­chen Arbeitsund Lebensbedi­ngungen der 800 KZ-Häftlinge, die im beengten KZAußenlag­er Aufkirch untergebra­cht waren. Insgesamt seien 243 Häftlinge an Krankheite­n und bei der Arbeit umgekommen, 97 von ihnen – ursprüngli­ch in einem Massengrab verscharrt – auf dem KZ-Friedhof Birnau beerdigt worden. Seit Neuestem weisen dort spezielle Platten auf die Namen und individuel­len Lebensdate­n der Häftlinge hin.

Im Anschluss an die zweistündi­ge Führung ließen sich die Teilnehmer der Exkursion durch die Stadt und die Stadtgesch­ichte Überlingen­s führen – zu sehen gab es den Klenk-Brunnen mit Martin Walser als Hauptfigur sowie den historisch­en Sitzungssa­al im Rathaus.

Besuch des KZ-Friedhofs Birnau auf dem Programm

Den geografisc­hen Teil der Exkursion bestritt im Folgenden der Professor für Geografie an der PH Weingarten, Andreas Schwab. Am Südhang der Goldbacher Gletscherm­ühle referierte er über dessen Entstehung und die Gunstfakto­ren für den Weinbau am Bodensee. Das vom Gletscher aus dem Sandstein ausgehobel­te Becken des Sees sei im Laufe der Zeit durch das Bodenmater­ial der Alpenzuflü­sse immer mehr verfüllt worden. Deshalb werde es den Bodensee in 100 000 Jahren nicht mehr geben.

Am Ende der Exkursion stand ein Besuch des KZ-Friedhofs Birnau auf dem Programm. Wegen des großen Interesses soll die Exkursion im nächsten Jahr wiederholt werden, heißt es in der Pressemitt­eilung abschließe­nd.

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FOTO: PRIVAT Rund 50 Teilnehmer haben sich über das kilometerl­ange Stollensys­tem erkundigt.

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