Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ein weißer Zauberer gegen die Tsunamis
Die „Schwäbische Zeitung“stellt die Vorrundengruppen der Fußball-WM vor – Heute: Gruppe B
RAVENSBURG - Die „Schwäbische Zeitung“stellt in dieser Serie die Gruppen der Weltmeisterschaft in Russland (14. Juni bis 15. Juli) vor. Heute: Gruppe B:
Die Mannschaften:
Überraschungseuropameister Portugal mit Cristiano Ronaldo, dem diszipliniertesten Superstar der Fußballgeschichte und Fernando Santos, dem knurrigsten und kettenrauchendsten Trainer seit Ernst Happel selig. Die ordentlich verjüngten und wiedererstarkten Ex-Allesgewinner aus Spanien, die, seit Trainer Julen Lopetegui im Juli 2016 sein Amt antrat, noch nie verloren haben. Außerdem Iran, das auch bei seiner fünften WM-Teilnahme krasser Außenseiter ist – und Marokko, zuletzt vor 20 Jahren bei einer WM, aber unter dem französischen Trainer Herve Renard, wegen seiner Vorliebe für blütenweiße Hemden „weißer Zauberer“genannt, so selbstbewusst auftritt wie man es von „Löwen vom Atlas“(Spitzname der Mannschaft) erwarten darf.
Die Gruppenspiele:
15.6: Marokko - Iran (17 Uhr), Portugal - Spanien (20 Uhr), 20.6.: Portugal - Marokko (14 Uhr), Iran - Spanien (20 Uhr), 25.6.: Iran - Portugal (20 Uhr), Spanien - Portugal (20 Uhr).
Dieses Spiel dürfen Sie auf keinen Fall verpassen:
Portugal gegen Spanien könnte auch ein schönes Halbfinalspiel sein – und nun womöglich zu einem Favoritensturz führen.
Die größten Stars:
Andrés Iniesta, der wohl glänzendste und glanzvollste „blasse Ritter“(sein Spitzname wegen seines Teints) der Fußballgeschichte bei seinem letzten Turnier? Vielleicht auch das von Pep Guardiola bei Manchester City geschliffene portugiesische Außenstürmerjuwel Bernardo Silva oder der marokkanische Schalker Amuine Harit? Wären sicher Kandidaten – wenn Cristiano Ronaldo nicht wäre.
Fans des VfB Stuttgarts könnten sich Amine Harits Mittelfeldkollegen Hakim Ziyech, derzeit Ajax Amsterdam, an-
Auch einen Blick wert:
schauen. Der VfB soll am 25-Jährigen interessiert sein. Spannend sind die beiden Iraner Ehsan Hajsafi, ein Außenverteidiger, und Masoud Shojaei, ein offensiver Mittelfeldspieler: Beide scheinen unverzichtbar für die Nationalmannschaft, sind aber vor allem auch echte Vobilder. Weil sie im Sommer 2017 mit ihrem Club Panionios Athen in der Europa-LeagueQualifikation trotz des von den Mullahs angeordneten Boykotts Israels gegen Maccabi Tel Aviv gespielt hatten, wurden sie vom Sportministerium Irans aus der Nationalmannschaft geworfen. Nach Protesten von Fans und auch zahlreicher Ex-Nationalspieler wurden sie begnadigt. Fußball kann eben doch verbinden.
Der Nationalmann-
Im Abseits:
schaft Irans gehen vor der WM die Gegner aus. Für vergangenen Samstag war eigentlich ein Testspiel gegen Griechenland terminiert, doch die Griechen sagten ab. Als Alternative wurde flugs ein Spiel gegen das Kosovo terminiert – das der Gegner ebenfalls kurz vor knapp absagte. „Die Kritiker reden viel, obwohl auch sie genau wissen, dass keiner gegen uns spielen will. Der Iran hat nun mal Probleme“, sagte Trainer Carlos Queiroz. Mit Problemen soll der Portugiese die jüngsten politischen Aufreger gemeint haben; die USA haben ja jüngst das Atomabkommen aufgekündigt. Am 8. Juni sollen Queiroz und die Seinen aber doch noch einen WM-Test bekommen: Litauen scheint keine Berührungsängste zu haben mit Iran.
Überraschend das Achtelfinale erreicht:
Marokko – was bedeuten würde, dass Ronaldo scheitert. Wie Maroko dieses Kunststück gelingen soll, erklärt Trainer Renard so: „Gegen Spanien und Portugal, wo der Ball wie die Welle eines unaufhaltsamen Tsunamis durch das Mittelfeld auf die Seiten wandert, braucht man eine nahezu unüberwindbare defensive Festung.“Immerhin: In der WM-Qualifikation kassierten die Marokkaner um den früheren Bayernverteidiger Medhi Benatia kein Gegentor.
Angeberwissen für die Grillparty:
Nur sechs Spieler Marokkos sind in Marokko geboren. Einer von ihnen, Stürmer Aziz Bouhaddouz vom FC St. Pauli, lebt seit seinem ersten Lebensjahr in Deutschland.