Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Ich bin angestachelt, was zu unternehmen“
Thomas Radetzki beschreibt in der Festhalle die dramatische Lage der Insekten
LEUTKIRCH – „Ist das Bienen- und Insektensterben noch zu verhindern?“Zu diesem Thema konnte die Elobau-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Umweltkreis und der Volkshochhochschule mit Thomas Radetzki einen kompetenten Referenten gewinnen, der am Donnerstagabend in der gut gefüllten Festhalle nicht mit klaren Worten sparte, gestützt auf eindrucksvolle Zahlen und Bilder.
„Ich bin angestachelt, was zu unternehmen“, lautet seine Konsequenz aus dem dramatischen Artensterben gerade bei den Fluginsekten, das unter anderem in der „Krefelder Studie“eindeutig beschrieben werde. Um wirksam bei Politik und Industrie zu Wort zu kommen, hat der passionierte Imkermeister aus Berlin die „Aurelia Stiftung“gegründet, die er als Vorsitzender leitet.
Für ihn ist erwiesen, dass die industrielle Landwirtschaft die Hauptursache für das Insektensterben mit ihrem Einsatz von Glyphosat und Neonikotinoiden ist. Dass drei von Letzteren nun von einem EU-Ausschuss verboten worden sind, schreibt Radetzki auch seiner Stiftung und ihrer Sammlung von 180 000 Unterschriften sowie der Unterstützung des Umweltministeriums zu – „als Stachel im Fleisch der Pharmaindustrie“. Enttäuschend war dagegen für den Referenten die Reaktion des Landwirtschaftsministeriums, das die Listen nicht einmal annahm.
Zudem geißelte er dessen Politik der Förderung nur nach Fläche und damit zugunsten der Großbetriebe. „Umwelt geht vor wirtschaftlichen Interessen“und „Bauernsterben und Bienensterben gehen Hand in Hand“, lautete eine zentrale Aussage von Thomas Radetzki.
Dabei sei ihm klar, dass eine umweltfreundliche Landwirtschaft „kein Luxus für Privilegierte ist, bei dem die Welt verhungert“, sondern „die einzige Perspektive“. Der WeltAgrar-Rat fordere hier: „Kein Kunstdünger, eine Minimierung von Pestiziden und regionales Saatgut, um die Vielfalt der Landschaft und die Leistungsfähigkeit der Bauernhöfe zu erhalten“.
„Heraus in die reale Welt“
Was können wir selber tun? Bündig und machbar sind hierzu die Antworten am Ende des fesselnden Referats, unter anderem: „Auch einmal weg vom PC, Smartphone und heraus in die reale Welt. Mit den Politikern reden, ihre Parteiprogramme vor der Wahl überprüfen und die Ausrede ‚EU‘ nicht akzeptieren. Bei den Kindern die Liebe zur Natur wecken, Bienenweiden schaffen und Bio-Lebensmittel kaufen“.
In der anschließenden Diskussion mit Moderator Peter Aulmann wurde deutlich, wie sehr auch der Verbraucher Einfluss hat, „mit dem, was er aus den Regalen holt“. Zudem hätten gerade Deutschland und Frankreich mit ihrem Verhalten „Leitcharakter“für die ganze EU. Ermutigend und mit Beifall bedacht war das Schlusswort des Referenten: „Wir sollten dennoch optimistisch und froh sein, uns aber den Herausforderungen und Aufgaben stellen“