Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Wir sind kein Event-Hof mit Trallala“

Besuch auf dem Biohof Schad im württember­gischen Kreuzthal, der den bayerische­n „Goldenen Gockel 2018“trägt

- Von Walter Schmid

KREUZTHAL-EISENBACH - Das Ehepaar Beatrix und Raimund Schad bietet Ruhe und Erholung suchenden Gästen auf seinem Biohof ganzjährig zwei Ferienwohn­ungen an. Weil heute Mittag eine neue Familie anreisen wird, ist Beatrix Schad in ihr Dirndl geschlüpft. Den Neuen hat sie Butter und frische Milch in die Wohnung gestellt.

„Nichts Besonderes – nur das, was wir haben“, sagt sie und deutet an, dass sie nur höchst selten mal etwas Besonderes für oder mit den Gästen macht. „Dazu haben wir gar keine Zeit.“Ehemann Raimund saß den ganzen Nachmittag auf dem Traktor und fuhr Gülle auf die Wiesen. Jetzt steigt er ab, holt sich ein Radler und setzt sich eine Weile auf die Bank vor dem Haus, ehe er die 20 Milchkühe von der Weide holen muss. Seine Mutter, das Kreuzthale­r Urgestein Willi Schad und die Schwester begleiten ihn, weil die Straße abgesperrt werden muss, ehe die Kühe diese in Richtung Stall kreuzen.

Eine junge Familie von der Ostalb verbrachte die ganzen Pfingstfer­ien bei Schads – zum zwölften Mal hintereina­nder. Sie kommen gerade von einer Bergwander­ung zurück, sehen dem Vieheintri­eb zu, umarmen sich vor der Stalltüre und setzen sich auf eine Bank. „Jetzt sind wir grad froh, dass wir wieder hier zuhause sind, wir suchen die Ruhe“, sagt der Familienva­ter. Seine Frau sagt: „Ich mag einfach die Beatrix – immer da, immer freundlich.“

Die beiden Söhne, etwa acht und zehn Jahre alt, suchen sich ihren eigenen Ausgleich. Der Ältere spielt mit dem Hofhund, der Jüngere schmust mit der Katze. Dann verzieht sich der eine zu den Zwergschwe­inen hinter dem Haus, durch deren Gehege ein Quellbach fließt, der andere aufs Trampolin. Schließlic­h einigen sich die beiden Jungs, ein paar Runden Tischtenni­s zu spielen.

Schads 20-jähriger Sohn Anton, das einzige Kind, kommt gerade von seiner Lehrstelle als Gärtner aus Kempten zurück. Schnell isst er einen Rest vom Mittagesse­n, zieht sich um – wie Beatrix inzwischen auch – und hilft der Mutter melken.

Raimund füttert und sitzt gleich wieder auf dem Traktor, um nach dem Jungvieh auf der Weide zu sehen. „Wir sind kein Eventhof mit Trallala“, sagt er, „dazu haben wir gar keine Zeit.“Kinder könnten sich mit zahlreiche­n Spielgerät­en auf dem Hof selbst beschäftig­en und auch mithelfen, wo es geht. „Wenn sechs Kinder im Stall sind, dann braucht man halt ein bisschen Geduld.“Sonst seien die Kinder bei den Schweinen, Hasen, Katzen, Hühnern, Tauben, Meerschwei­nchen, Schwalben oder im Gartengelä­nde mit dem Hund oder den Spielgerät­en zu Gange.

Beatrix meint, dass es nicht auf den Komfort ankomme, weder in der Ferienwohn­ung, noch auf dem ganzen Hofgelände. „Es sind mehr die weichen Dinge, der Umgang, die Atmosphäre auf dem Hof, die aus Gästen zufriedene, glückliche Leute machen und die dann wohl auch eine gute Bewertung unseres Hofes und ihres Aufenthalt­es abgeben.“Die Natur sei ja in Hülle und Fülle auf dem Hof und im ganzen Kreuzthal gegeben, und sie bemühten sich eben um gute Gastlichke­it. Beatrix ist außerdem wichtig, dass das ganze Kreuzthal dazu beiträgt, dass der Biohof nun mit dem „Goldenen Gockel“geehrt wurde. Der ist eine bayernweit vergebene Auszeichnu­ng für Ferienbaue­rnhöfe. Die Gäste stimmen ab.

Gäste würden auch ins Haus Tanne, ins Gasthaus Kreuz, in die Kirche gehen, zu Festen und zum Frühschopp­en, sie genießen Gärten, Blumen und die stillen Wanderwege. Deswegen werden die Schads für die Kreuzthale­r noch ein kleines Hoffest geben. Das Allerwicht­igste sei: „Unglücklic­he Gäste wollen wir nicht“, es sei wichtig, mit den Leuten persönlich zu telefonier­en und ihnen deutlich zu machen, was sie erwartet: „Wir sind kein Ferienpark, wir sind Bauern. Man muss es hinkriegen, dass man die Gäste bekommt, die zu einem passen.“

Der Biohof Schad ist Mitglied im Bayrischen „Landesverb­and Bauernhof und Landurlaub“und im Verein „Mir Allgäuer“in Kempten, der auch das württember­gische Allgäu im Blick hat. Die Auszeichnu­ng „Goldener Gockel“basiert auf einem Analysever­fahren, dass den Zufriedenh­eitsgrad von Urlaubern ermittelt. 20 Höfen wurde jüngst in Rettenberg von Staatsmini­sterin Michaela Kaniber der „Goldene Gockel 2018“verliehen.

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Der Biohof Schad in Krummen 1 im Kreuzthal. Schon in alten Karten von 1720 ist die Hofstelle verzeichne­t.
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FOTOS: WALTER SCHMID Raimund und Beatrix Schad beim Vieheintri­eb am späten Nachmittag, den auch das Gästeehepa­ar (im Hintergrun­d) verfolgt.

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