Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wer hat in Kempten an der Uhr gedreht?
Immer wieder klettern Unbefugte aufs Gerüst der Basilika St. Lorenz, die saniert wird
KEMPTEN - Wer hat an der Uhr gedreht? Den Titelsong aus der Zeichentrickserie von Paulchen Panther können derzeit getrost auch Mitarbeiter im Staatlichen Bauamt und in der Pfarrei St. Lorenz in Kempten singen. Denn an der Basilika, die momentan saniert wird und eingerüstet ist, wird immer wieder Auffälliges festgestellt: Erst wurden Teile eines Papstwappens (von Papst Paul VI.) gestohlen – und bisher laut Polizei auch noch nicht gefunden. Dieser Tage dann wurden die Zeiger an drei großen Uhren beschädigt. Vorfälle, die verwundern und die selbst die Gerüstbauer aus Augsburg „so noch nie erlebt haben“.
Raimund Lux passt derzeit auf wie ein Luchs, wenn er seine fast täglichen Runden um die Basilika St. Lorenz inmitten der Stadt dreht. Denn der Mesner der katholischen Stadtpfarrei hat gemeinsam mit Johannes Amann (beim Staatlichen Bauamt zuständig für die Kirchensanierung) immer wieder Seltsames beobachtet: Bierflaschen auf dem Gerüst – und Schäden. Und beides sei mehr als ärgerlich.
So habe man nämlich an drei Uhren hoch oben am Turm der Basilika am Zeiger gedreht – und zwar so massiv, dass der Motor-Antrieb dabei Schaden nahm. Zwar sei dieser gering, doch vorsichtshalber wurden die Zeiger aller sechs Uhren jetzt abmontiert.
Wie es zu diesen Beschädigungen und Vorsichtsmaßnahmen kommt? Laut Lux klettern offenbar immer wieder nachts Jugendliche auf das Kirchen-Gerüst. Wahrgenommen hat der Mesner das kürzlich mit eigenen Augen, als er einen jungen Mann mit Bierflasche gesehen hat. Er stand oben auf dem Gerüst am Kirchturm, machte dort seine Faxen und hatte sogar eine Drohne dabei, um das Ganze zu filmen. Lux alarmierte die Polizei, die sofort kam und den jungen Gerüstkletterer wieder auf den Boden holte. Die Folge war eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch, heißt es bei der Polizei.
Für Lux wie für Amann allerdings ist das alles nicht nachvollziehbar. Gerade in einer solch heimatverbundenen Region wie dem Allgäu, sagt Amann, sei das sehr verwunderlich. Doch das Gotteshaus noch mehr sichern oder absperren – wie beispielsweise mit Stacheldraht die Theatinerkirche in München – könne man nun mal auch nicht. Schließlich müssten ja die Restauratoren und Arbeiter aufs Gerüst. Denn die Fassade des barocken Gotteshauses wird noch bis 2021 hergerichtet. Etwa 5,2 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Im vergangenen Jahr wurden die Gerüstarbeiten für die 65 Meter hohen Türme vorbereitet. Ein neuer Anstrich für die erste Barockkirche im süddeutschen Raum ist nämlich ebenso nötig wie die Ausbesserung der Risse im Putz. Und dann ist da noch die Hauptorgel, die überholt wird und besser klingen soll. Wozu freilich kein Gerüst nötig ist.
Aber was tun, um Unbefugte überhaupt fernzuhalten? Erst einmal wurden die beiden Treppenaufgänge am Hauptaufgang nachgebessert. Sie wurden mit mehr Holz verschalt und mit Eisentüren abgesperrt.
Bewegungsmelder sollen helfen
Doch wie soll man die Kletterer vom Gerüst fernhalten? Da hat das Staatliche Bauamt eine Idee, die derzeit geprüft wird: Bewegungsmelder. Wenn sie reagieren, gehen Strahler an – und die tauchen die Barockkirche dann in ein etwas anderes Licht als das Abendrot.