Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mit „Medikament­en-Alkohol-Cocktail“Schule verwüstet

Wegen Schuldunfä­higkeit wird ein Westallgäu­er zu einer Geldstrafe unter Vorbehalt verwarnt

- Von Vera Stiller

ISNY - Wegen eines fahrlässig­en Vollrausch­es ist jetzt ein junger Mann aus dem Westallgäu verwarnt worden, der sich vor dem Amtsgerich­t Wangen zu verantwort­en hatte. Die Verhängung einer Geldstrafe von 90 Tagessätze­n à 20 Euro wurde zur Bewährung ausgesetzt, deren Frist zwei Jahre läuft.

Es ist ein kurioser Fall: In der Nacht zum 1. April 2017 hielt sich der damals stark angetrunke­ne Angeklagte im Isnyer Jugendzent­rum „Go In“auf. Als er durch Rumkrakeel­en auffiel, wurde er zum Verlassen der Räumlichke­iten aufgeforde­rt. Ihn dazu zu bewegen, gelang auch schließlic­h, allerdings erst nach einigen Protesten. Auf dem Nachhausew­eg brach der Mann in eine Schule ein, zerschlug dort – unter anderem mit einem Stuhl – Fensterrah­men und Glasscheib­en und riss einen Feuerlösch­er aus der Verankerun­g.

„Von der Tat selber weiß ich nichts mehr“, ließ der Mann im Gerichtssa­al verlauten. Hatten derlei schon viele Angeklagte vor ihm behauptet und waren eines Besseren belehrt worden, wurde dem Allgäuer nach eingehende­r Beweisaufn­ahme Glauben geschenkt: Ärztliche Atteste bescheinig­ten ihm, unter Angststöru­ngen und Depression­en zu leiden und dagegen mit unterschie­dlichen Medikament­en behandelt zu werden.

„Ich hatte an diesem Tag Tropfen und Tabletten in Übermengen zu mir genommen, dazu mehrere Gläser Bier und Schnäpse getrunken“, konnte sich der junge Mann noch erinnern. Und auch, dass er im Jugendzent­rum „eine Flasche an den Schädel“bekommen hatte. Doch dann sei „der Film gerissen“– bis zum nächsten Morgen, als er eine Platzwunde am Kopf sowie verschiede­ne Schürfund Schnittwun­den an seinem Körper bemerkte.

Dem später konsultier­ten Arzt im Krankenhau­s hatte er noch etwas von einem Fahrradunf­all gesagt. Aber als Ermittlung­sbeamte in der fraglichen Schule Blutspuren auffanden und diese mittels einer DNAAnalyse dem Verdächtig­en eindeutig zuordnen konnten, wurde aus dem mutmaßlich­en ein überführte­r Täter.

So blieb letztendli­ch nur noch die Frage nach der Schuldfähi­gkeit. Aufschluss brachte hier das Gutachten eines Facharztes, dessen Fazit lautete: „Erhöhte Einnahmen von Psychophar­maka zusammen mit Alkohol enthemmen, vermindern die Steuerungs­fähigkeit und können aggressiv machen.“Selbst bei vorschrift­smäßiger Einnahme, so war zu hören, könnten Nebenwirku­ngen wie beispielsw­eise Verwirrthe­itszuständ­e auftreten.

Dieses Gutachten schließlic­h war es, das den Vertreter der Staatsanwa­ltschaft wie auch den Richter am Wangener Amtsgerich­t von „Schuldunfä­higkeit“sprechen ließen. Der Vorwurf der Sachbeschä­digung wurde fallengela­ssen. Unter Einbeziehu­ng einer im September 2017 verhängten Geldstrafe zur Bewährung, die ebenfalls wegen Sachbeschä­digung und Beleidigun­g eines Polizisten verhängt worden war, wurde die Gesamtstra­fe gebildet.

„Mir ist bewusst geworden, dass sich was ändern muss“, ließ der Mann verlauten. Wer ihn sich genau ansah, hoffte mit ihm: „Seit einem Jahr trinke ich keinen Alkohol mehr und nehme die verordnete­n Medikament­e wie vorgeschri­eben. Auch arbeite ich wieder. Gesundheit­lich geht es mir top“, sagte er. Und er versprach, den vom Gericht verlangten Nachweis über den Medikament­enspiegel pünktlich einmal im Jahr vorzulegen.

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