Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ein Wochenende voller vieler stimmiger Details
Fundsachen auf der Spurensuche nach dem Erfolgsrezept des Festivals „Folk im Allgäu“in Uttenhofen
UTTENHOFEN - Beim erstmaligen Besuch eines kleinen Festivals auf dem Land trägt der neugierige Berichterstatter oft die Frage mit sich: Was ist das Erfolgsrezept der Organisatoren? Zumal, wenn’s schon in die siebte Runde geht wie „Folk im Allgäu“in Uttenhofen am vergangenen Wochenende. Und wenn vor Ort dann diese einzige Frage durch so viele Details beantwortet wird, dann ist schlicht der Hut zu ziehen vor dem „Kilts & Lipsticks e. V“.
Vermutlich ist da zunächst einmal das „Line-Up“, die sechs Bands, die Kenner der Szene aus ganz Deutschland ins Allgäu treiben: Neben AutoKennzeichen aus dem gesamten württembergischen und bayerischen Allgäu oder Oberschwaben ist auch „Z“für Zwickau oder „VS“für Villingen-Schwenningen zu entdecken – wobei „BCH“nicht jeder gleich mit dem Neckar-Odenwald-Kreis in Verbindung bringt.
Allen Gästen ist gemein: Sie hinterlassen nach drei Festival-Tagen nicht den geringsten Müll auf Parkplatz, kostenfreiem Camping-Gelände oder zwischen den Bänken im Biergarten. Respekt für Detail eins, den die Veranstalter lautstark ans (Stamm-)Publikum weitergeben: „Letztes Jahr mussten wir mit einer Mülltonne einsammeln, die war nur zentimeterhoch voll – Ihr seid vorbildlich!“
Musikalisch – Detail zwei – ist das Folk-Spektrum breit abgedeckt: Am Samstag mit dem Duo „Hoodie Crows“„grün-insulanisch“anmutender Gesang zu sanften Gitarrenharmonien; rund um die faszinierende „Nickelharp“(zu Deutsch „Schlüsselfiedel“) das Sextett „Tir Nan Og“aus Ingolstadt mit ebenso melodiösen A-capella-Weisen wie schmissigen Titeln; schließlich die „Hellraisers and Beerdrinkers“, deren Frontman und Gitarrist dem Bandnamen in Aussehen und Trinkfreudigkeit jede Ehre erweist: Nach jedem Song ruft er „Prost Publikum“, das mit „Prost Band“antwortend die Krüge hebt. Die Partystimmung lässt sogar den Gassenhauer „What Shall we do with the Drunken Sailor“verzeihen.
Den Freitagabend vollendeten im Gewitter die „Pyrates“, nachdem „Caledonia“und „Dahlia’s Lane“die Einstimmer und Aufheizer gegeben hatten. Ton-Mischer Wolfgang Neumann aus Isny, der mit seinem Bruder Achim im überdachten Stadel die nötigen Dezibel, im Biergarten zugleich aber fein abgestimmt den „Sound“abmischt, bei dem zwischenmenschliche Konversation möglich ist, zog zum Auftritt der kostümierten Piraten den Vergleich: „Fluch der Karibik reloadet.“Umso mehr, als der Regen zeitweise waagerecht aufs Mischpult geweht wurde. Folk im Allgäu in stürmischer See.
Nächstes „Detail“: die HighlandGames am Samstagnachmittag, spaßigste Unterhaltung. Im Tauziehen, Baumstammwerfen oder Rad-Rennen – bei dem ein hölzernes, eisenbeschlagenes Wagenrad von zwei Personen an einem durch die Nabe gesteckten Seil schnellstmöglich durch einen Parcours zu ziehen ist – messen sich 16 Zweier-Teams. Mit so skurrilen Namen wie: „ArgentalHighlanders“, „Mac Ranza“, „Team Veni Vidi Whisky“oder „Kassenprüfer“. Die anfeuernden, sonnenbeschirmten, auf der Wiese sitzenden Zaungäste reichen vom Fast-Säuglingsbis ins Grau-Haar-Alter. Vertreter letzterer Generation übrigens auch die „Pausenclowns Pipes and Drums“aus Bad Waldsee, mit Dudelsäcken und Trommeln die „Spalierformation“ bei der Siegerehrung der kräftigen Frauen und Männer.
Noch mehr Details? Schwemmholzstücke auf den Biertischen mit kleinen Glasröhrchen, in denen Wiesenblumen steckten – liebevoll! Frisch geschnittene Tomaten und knackiger Salat rund um das gegrillte Hacksteak im „Folk-Burger“gelegt – zum Preis, der andernorts auf Leutkircher Flur dieses Wochenende ein Drittel mehr kostete – delikat. Zuletzt das Frühstücksbuffet, das nur ein Begriff verdient: opulent. Für noch mehr Details sei schon jetzt „Folk im Allgäu 2019“empfohlen. Das „Radrennen“bei den Highland-Games.