Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Der Handwerker der schönen Dinge
Grafiker Karsten Mezger gibt dem Hutmuseum in Lindenberg und der neuen Schau ein Gesicht
LINDENBERG - Er sieht sich als ein „Handwerker, der Glück hat, sich mit schönen Dingen zu umgeben.“Dabei erschafft er selber schöne Dinge. Seine Aufgabe: Ästhetische Lösungen zu finden, die ein vorgegebenes Thema anschaulich machen. Karsten Mezger ist der „Grafiker vor Ort“des Hutmuseums in Lindenberg, wie ihn Museumsleiterin Angelika Schreiber bezeichnet. Auf Flyern, Plakaten oder Katalogen gibt er dem Haus sein Gesicht. Für Ausstellungen konzipiert er unter anderem die Tafeln, auf denen die Erklärtexte stehen.
„Das, was ich mache, steht immer in Konkurrenz zu den Objekten“, erklärt Mezger, Diplom-Kommunikations-Designer und Geschäftsführer der Agentur „Alpenart“. Hier sieht er seine Herausforderung, die Texte, Grafiken, Plakate so zu gestalten, dass sie ansprechen, informativ sind und nicht vom Wesentlichen ablenken. „Wenn man sieht, was am Ende herauskommt, denkt man oft: Das ist ja einfach“, sagt Museumsleiterin Schreiber. Doch bis zu diesem Eindruck ist es ein langer Weg.
Oft muss Karsten Mezger „nein“sagen. Jede noch so wahnwitzige Idee dürfe erst einmal kommen. Doch viele müssen verworfen werden: zu groß, nicht machbar, lenkt ab, geht am Ziel vorbei. Beispiel Krippenausstellung vergangenes Weihnachten: Sie war gegliedert in verschiedene Länder. Die Krippen aus dem jeweiligen Land sind mit landestypischen Hüten ergänzt worden. Keine Landschaften, keine Deko. „Es hätte nahe gelegen, mit den Texten und Grafiken auf die Länder einzugehen“, erzählt Mezger. Doch er entschied sich anders: simple Schriften und „Unfarben“wie grau. Selbst die Karten, die anzeigten, aus welchen Ländern die Krippen stammten, waren in Grautönen gehalten mit nur wenigen Informationen. Und doch verweilten Besucher gerade an diesen Stücken besonders oft.
„Die Karten zeigten zwar, wo die Länder liegen, aber zum Beispiel fehlten die Namen der Nachbarländer – und da fingen dann die Besucher an, zu rätseln, zu diskutieren, testeten ihr eigenes Wissen“, erinnert sich Schreiber. Das sei das Ziel: den Betrachter herauszufordern, anzusprechen. „Deswegen gehen wir doch in eine Ausstellung: Wir wollen etwas erleben. Wenn wir inspiriert, begeistert werden, das Erlebte mit Gefühlen kombinieren, bleibt etwas hängen. Und wenn es nur ein einzelnes Teil ist, das uns anspricht, hat die Ausstellung ihren Zweck erfüllt“, ist Mezger überzeugt. Freilich geschehe vieles unbewusst. „Die meisten Menschen haben ein Gefühl für Ästhetik“, weiß der 47-Jährige. Schließlich liefere schon die Natur die Vorlage. „Ein Wald ist auch stimmig, alles hat seinen Platz.“Eine Ausstellung solle ein ähnliches Raumerlebnis bieten, dann fühle sich der Besucher wohl.
Der ausgebildete Typograf sieht sich zwar als Dienstleister, nimmt sich selber gerne zurück und hat den Grundsatz „reduzieren, so weit es geht“. Aber: „Der Grafikanteil ist ein ganz wichtiger“, erklärt Angelika Schreiber.
Der Betrachter wolle nicht nur die Exponate sehen, sondern etwas über sie erfahren und sich leiten lassen. In der neuen Ausstellung „Hutfabrik Ottmar Reich – Aufstieg, Hochzeit, Niedergang“beispielsweise wird ein Stammbaum der Familie Reich eine Rolle spielen. Doch wie soll er präsentiert werden? An einer ganzen Wand? Nur mit Bildern? Oder vielleicht sogar auf dem Boden? Letzteres würde nicht funktionieren, so genial die Idee auch sei, erklärt Schreiber. Die Blickrichtung des Besuchers zu verändern könne die ganze Ausstellung ändern. Die wächst immer mehr, aber wie im Leben auch könne man nicht immer eine gerade Linie bis zum Ende verfolgen. Schreiber: „Manchmal muss man auch große Tode sterben.“