Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Oper ganz lebendig

Modest Mussorgski­s „Szenen aus der Kinderstub­e“als Kinderoper im Kurhaus

- Von Julia Garthen

ISNY - Ein gut gefülltes Foyer, freudige Kinder und vier herausrage­nde Darsteller – das war am vergangene­n Freitagnac­hmittag im Foyer des Kurhauses für all diejenigen zu sehen, die von draußen durch die Scheiben spitzelten. Das Publikum im Foyer bekam zusätzlich glockenkla­r vorgetrage­nen Gesang, harmonisch­e Streichmus­ik und ein wunderbare­s Flügelspie­l zu hören. Es war den anwesenden Kindern im Publikum deutlich anzumerken, wie kraftvoll die einzelnen ruhigen oder auch aufbrausen­den Elemente der Lieder auf sie wirkten.

Die Oper „Szenen aus der Kinderstub­e“vom russischen Komponiste­n Modest Mussorgski wurde im Rahmen des 30. Isny Opernfesti­vals von der Sopranisti­n Elsa Kodeda angeleitet, die mit viel Gefühl, Empathie und einer spürbaren Liebe zur Musik das junge Publikum in alle Lieder miteinbezo­g und ihnen damit sichtlich viel Freude bereitete. Eine ganze Gruppe des Nikolaikin­derhauses war ebenfalls anwesend, und die Kleinen erinnerten sich noch gut an die Aufführung 2017: „Letztes Jahr habt ihr ,Das hässliche Entlein’ aufgeführt!“– die vier Darsteller waren sichtlich beeindruck­t, ob der guten Erinnerung der Nikolai-Kinder.

„Szenen aus der Kinderstub­e“wurde dann durch die feine Art Kodedas, das junge Zielpublik­um in ihren Bann zu ziehen, zu einem kleinen kulturelle­n Ausflug, der alles andere als langweilig war. Da flogen Vögel über die Bühne, Reiter galoppiert­en von rechts nach links und wieder zurück, ein „Unhold“verbreitet­e Angst und Schrecken (oder versuchte es zumindest) und ein frecher Kater jagte umher. Die erste Szene musste von Pianist Hans-Christian Hauser, Philine Blanchy an der Viola, Luana Halasz an der Violine und Elsa Kodeda sogar wiederholt werden, da sich gleich zwei im Publikum befindlich­e Königin-Anwärterin­nen nicht davon abbringen lassen wollten, als ebendiese mitspielen zu können. Alle mutigen Kleinen, die sich während der rund einstündig­en Aufführung auf die Bühne trauten, bekamen liebevoll gestaltete Accessoire­s und Kleider umgehängt, die es den Kindern leicht machten, sich sofort als Käfer oder König zu fühlen.

Angesichts der Tatsache, dass die vorgetrage­ne Mussorgski-Oper bereits circa 150 Jahre alt ist, waren begreiflic­herweise ein paar Erläuterun­gen seitens der Sopranisti­n Kodeda vonnöten. Den anwesenden Kindern war zum Beispiel nicht klar, was der Ausdruck „Unhold“bedeutet und wieso in einem Lied davon die Rede ist, dass ein kleines Mädchen eine „Sünderin“sei.

Kodeda stellte gleich klar: „Kinder, diese Oper ist sehr alt, damals haben die Menschen eben auf diese Weise gebetet. Doch Kinder sind natürlich nie Sünder.“Und im Nachgang zur Aufführung erklärte Elsa Kodeda mit einem Lächeln: „Danke, dass ihr so toll mitgemacht habt! Während ich diese Lieder gesungen und Euch zugeschaut habe, habe ich mich selbst wieder so leicht und frei wie ein Kind gefühlt.“

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FOTO: JULIA GARTHEN Die Gestalter der Kinderoper Philine Blanchy, Luana Halasz, Hans-Christian Hauser und Elsa Kodeda (von links) zusammen mit den Kindern vom Nikolaikin­derhaus.

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