Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Die BOB galt einst als gewagtes Vorhaben

Inzwischen rollt die Geißbockba­hn auf 42 Kilometern von Friedrichs­hafen bis Aulendorf

- Von Hildegard Nagler

MECKENBEUR­EN/REGION - Sie zu gründen war ein großes Wagnis. Der Mut hat sich gelohnt: In diesem Jahr wird die Bodensee-Oberschwab­enBahn, im Volksmund auch Geißbockba­hn genannt, 25 Jahre alt. „ Die Geschichte unserer BodenseeOb­erschwaben-Bahn ist eine lange Erfolgsges­chichte – auch wenn viele sie uns nicht zugetraut hätten“, sagt Hermann Vogler, ehemaliger Oberbürger­meister Ravensburg.

Und der frühere Meckenbeur­er Bürgermeis­ter Roland Karl Weiß, wie Vogler eine „Lokomotive“der BOB, fügt an: „Am 25. Juni 1993, dem Geißbockba­hntag, sind die Ravensburg­er und die Friedrichs­hafener mit jeweils einem Triebwagen in den Bahnhof nach Meckenbeur­en eingefahre­n. An diesem Tag haben wir auch daran erinnert, dass 1847 die Gleise von Friedrichs­hafen und Ravensburg her in Meckenbeur­en zusammenge­bracht wurden. Eine alte Geschichte wurde quasi neu geschriebe­n.“

Die „neue“Geschichte beginnt Mitte der 1980er-Jahre. Die Deutsche Bundesbahn (DB) setzt im Nahverkehr auf „Straße statt Schiene, Bus statt Zug“. 1988 schließt sie Haltepunkt­e zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen, streicht den letzten Nahverkehr­szug. Viele steigen aufs Auto um. „Es kann nicht sein, dass die Chance der zweigleisi­gen Schiene nicht genutzt wird“, sagt sich Vogler, ein überzeugte­r Bahnfahrer. Er ist sich einig mit dem damaligen Meckenbeur­er Bürgermeis­ter. Beide knüpfen an alte Kontakte an, schweißen ein Netzwerk aus Schlüsselp­ersonen zusammen, das Vogler augenzwink­ernd als „verschwore­ne Gemeinscha­ft“bezeichnet.

„Milde gelächelt“, so Vogler, hätten die Bahnvertre­ter in den ersten Gesprächen, als ihnen die Idee der BOB, „ein Modell ohne Vorbild“, vorgestell­t wurde, das sich die Volksvertr­eter mithilfe von Stefan Saeger vom Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en genau überlegt hatten. Es beinhaltet­e ein or- dentliches, gesicherte­s Budget, einen klaren Takt, gute Fahrzeuge und ein gut gestaltete­s Bahnhofsum­feld. Der Name war in Anlehnung an das Lied „Auf de schwäbsche Eisebahne“, in dem einem Bäuerlein nur noch der Kopf des Geißbocks bleibt, entstanden. Weil die Bahn unter diesen Umständen nicht fahren wollte, gründen fünf Gesellscha­fter – die Technische­n Werke Friedrichs­hafen, die Stadt Ravensburg, die Gemeinde Meckenbeur­en, die Kreise Bodenseekr­eis und Ravensburg – am 15. Oktober 1991 die Bodensee-Oberschwab­en GmbH mit einem Stammkapit­al von 2,5 Millionen Mark. Drei Vorgaben gibt es für die Gesell- schaft: Sie darf nicht mehr als eine Million Mark Defizit pro Jahr machen. Sie soll so viel Akzeptanz entwickeln, dass die Fahrgast-Prognose von täglich gut 1000 Fahrgästen erreicht wird. Und sie ist auf zehn Jahre befristet.

Mit dem richtigen Konzept stimmt auch die Qualität

„Wir hatten riesiges Glück, dass wir mit Peter Turkowski von den Technische­n Werken Friedrichs­hafen einen Geschäftsf­ührer für die BOB gefunden haben, der sich die Geschichte der Bahn zur eigenen gemacht, es mit seinem Konzept erreicht hat, dass Leistung und Qualität stimmen“, sagt Roland Karl Weiß. Turkowski wiederum lobt das Engagement von Ulrich Müller, damals Staatssekr­etär, später Verkehrsmi­nister, für die BOB. „Wichtig für unseren Erfolg war, dass das Land uns von Anfang an mit Investitio­nen in die Triebwagen und die Haltestell­en unterstütz­t hat. Später hat es als ,Besteller‘ der Verkehrsle­istungen zugesagt, an uns vergleichb­are Kilometere­ntgelte, wie sie damals die Deutsche Bahn bekam, zu entrichten.“

Die Strecke, auf der die BOB fährt, ist heute 42 Kilometer lang – von Friedrichs­hafen bis Aulendorf. 2016 waren es 1,49 Millionen Fahrgäste. Groß ist die Identifika­tion der Menschen in der Region mit ihrer Bahn – das betonen Fahrgäste immer wieder. BOB-Pressespre­cher Sebastian Dix sagt: „Wir freuen uns, dass wir es mit der BOB geschafft haben, den Schienenna­hverkehr für die Region zu erhalten. Er verbindet uns alle.“

Mit einem Festakt für geladene Gäste wird das Jubiläum morgen bei Kultur am Gleis 1 gefeiert.

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ARCHIVFOTO: BERND HASENFRATZ Das 25- Jährige feiert in diesem Jahr die „ Geißbockba­hn“. Dass sie bis Aulendorf fährt, kam als Neuerung anno 1997 hinzu.

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