Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Zu wenig Wasser, zu viel Alkohol
Johanniter versorgten Besucher des Southside-Festivals – Viele Helfer aus Ravensburg
RAVENSBURG/NEUHAUSEN (dre) Mehr als 500 Einsatzkräfte haben sich beim Southside-Festival am Wochenende um die medizinische Versorgung der Festivalbesucher gekümmert. Den größten Teil des Sanitätsdienstes deckten dabei die Johanniter ab, die für den Einsatz ehrenamtliche Helfer aus ganz Baden-Württemberg in Neuhausen ob Eck (Kreis Tuttlingen) zusammenziehen. Verstärkt werden sie von den Maltesern und der DLRG.
Michael Kautt ist Zugführer der dritten Einsatzeinheit aus dem Landkreis Ravensburg. Er ist dafür zuständig, an allen Festivaltagen den Überblick in der größten Unfallhilfstelle auf dem Gelände zu behalten. In Kautts Team arbeiten neben Ravensburger und Kißlegger Johannitern auch Malteser und THW-Kräfte aus Weingarten.
Wer zu den Johannitern kommt, hat in der Regel zu wenig Wasser getrunken – was bei Festivals im Sommer sehr oft vorkommt. „Manche Fans wollen ihre Lieblingsband sehen und harren dann stundenlang in der ersten Reihe aus. Da reicht ein Becher Wasser dann aber nicht“, sagt Kautt. Andere hingegen trinken zu viel. „Im Verhältnis zu den 60 000 Besuchern machen die Alkoholvergiftungen einen geringen Teil unserer Einsätze aus“, sagt Kautt.
Nachdem die Patienten erfasst werden und mit Edding eine Patientennummer auf ihren Handrücken geschrieben bekommen, werden sie weiterverteilt – wer nur einen Verband oder ein Pflaster braucht, kommt in eine mobile Praxis vor Ort, wer hingegen schwerer angeschlagen ist, kann vom Arzt durchgecheckt und versorgt werden. Wer noch umfassendere Hilfe braucht, für den wird eine Fahrt ins Krankenhaus organisiert. Etwa 60 bis 80 Transporte habe es am Wochenende gegeben, rechnet Kautt. Beim Herumspringen vor der Bühne kann man sich durchaus schlimme Verletzungen zuziehen – vom gebrochenen Sprunggelenk bis zur ausgekugelten Schulter.
Die einstelligen Temperaturen in der Nacht zum Samstag haben die Johanniter hingegen nicht besonders gefordert. Die meisten Besucher waren wohl gut auf die Kälte vorbereitet. Zudem hat es nicht geregnet – es gab schon schlechteres SouthsideWetter. So etwa vor zwei Jahren, als das Festival am Freitagabend von einem heftigen Unwetter getroffen wurde. Weil die Schäden auf dem Gelände so groß waren, wurde es dann am Samstagmorgen abgebrochen. „Das war heftig“, sagt Kautt. Kein alltäglicher Einsatz für die Helfer.
Gut etabliert hat sich laut Zugführer Kautt die Hilfe-Formel „Wo geht‘s nach Panama?“Mit diesem Codewort können sich Frauen und Männer, die sich belästigt oder bedrängt fühlen, in einen geschützten Bereich bringen lassen. Die Fälle würden nicht protokolliert, sondern vertraulich behandelt, sagt Kautt. Darum gebe es keine genauen Zahlen.
Kautt, der hauptberuflich als Maschinenbauingenieur arbeitet, ist am Wochenende, wie alle Johanniter, ehrenamtlich dabei – einige nehmen sogar Urlaub. Aber auch hauptberufliche Sanitäter opfern für das Southside ihre Freizeit. Doch der Einsatz macht Kautt und seinen Kollegen großen Spaß. Denn das Southside ist ein sehr friedliches Festival – und die Besucher sind dankbar für die kostenlose und unbürokratische Hilfe.