Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Bienen und Blumen für Memmingen

Stadtwerke und Imkerverei­n wollen mehr Lebensraum für Insekten schaffen

- Von David Specht

MEMMINGEN - „Und diese Biene, die ich meine, nennt sich Maja“, trällerte Karel Gott 1975. Als die kleine Biene sich damals aus dem Bienenstoc­k wagte, hatte sie mit allerlei Gefahren zu kämpfen: Regen, Spinnen und Hornissen. Heute sieht es nicht besser aus: Statt Hornissens­chwärme bedroht die Varroamilb­e ganze Völker, durch kahle Äcker und Pestizide findet Maja vielerorts kaum Blütenstau­b.

Das Projekt Stadtbiene, das die Stadtwerke Memmingen in Zusammenar­beit mit dem Imkerverei­n ins Leben gerufen haben, möchte nun die Lebensbedi­ngungen der Bienen in Memmingen verbessern – mit Mehrwert für Bürger und Natur, erläutert Werksleite­r Peter Domaschke von den Stadtwerke­n. Kern des Projekts ist eine Imkerschul­ung. Mehr als 100 Memminger haben sich dafür gemeldet. Domaschke spricht von einem „überwältig­enden Echo“. Der Kurs beim Imkerverei­n Memmingen ist mit 20 Teilnehmer­n voll belegt. Zusätzlich habe man noch fünf Menschen beim befreundet­en Imkerverei­n Lauben unterbring­en können, erzählt Marcus Gerske von den Stadtwerke­n.

Mit Begeisteru­ng dabei

Eine, die heuer das Imkern lernen will, ist Katharina Kilgert-Grashey: „Meine Faszinatio­n für Bienen hat in der Schulzeit begonnen“, sagt sie. Ihr damaliger Lehrer: Hans-Martin Steiger. Der Zweite Bürgermeis­ter und Vorsitzend­e des Imkerverei­ns ist gleichzeit­ig Schirmherr des Projekts Stadtbiene. Steiger habe sein Imkerhobby im Unterricht vorgestell­t und sie mit seiner Begeisteru­ng angesteckt, erzählt KilgertGra­shey. Der Plan, in ihrem Garten ein Bienenvolk zu halten, stehe deshalb schon lange.

„Inzwischen sind die Kinder aus dem Alter raus, in dem man sie vom Bienenstoc­k fernhalten müsste“, erklärt Kilgert-Grashey. Als das Projekt Stadtbiene startete, war für sie klar: „Jetzt mach ich es.“Alle zwei Wochen treffen sich die Jungimker am Lehrbienen­stand des Imkerverei­ns. Dort steht zunächst Theorie an. „Die Themen sind auf die Jahreszeit abgestimmt“, erklärt Vorsitzend­er Steiger.

Später üben die Frauen und Männer Handgriffe wie etwa das Schleudern der Waben am Lehrbienen­stand. Die erfahrenen Imker haben für jeden Kursteilne­hmer bereits einen Ableger, so heißen die Jungvölker, angelegt. Diese Bienenvölk­er sollen die Teilnehmer irgendwann im eigenen Garten aufstellen.

Vorfreude auf eigenen Honig

„Für mich stand nach den ersten Wochen fest, dass ich nicht so lange warten will“, sagt Kilgert-Grashey. Deshalb habe sie sich kurzerhand selbst ein Volk gekauft und aufgestell­t. „Inzwischen bereue ich, dass ich das nicht schon früher gemacht habe“, sagt sie. Durch die Bienen hat sich ihr Garten verändert: „Ich schaue, dass das ganze Jahr über etwas blüht.“Beim Kauf der Blumen achte sie nicht nur auf das Aussehen, sondern auch darauf, was die Bienen mögen. Außerdem sei ein Teil des Rasens zur Blumenwies­e umgewandel­t worden. Die Vorfreude auf den ersten eigenen Honig sei in ihrer Familie groß, sagt KilgertGra­shey. Die Stadtwerke wollen ihren eigenen Honig verkaufen, als eine Art „Memminger Mitbringse­l“für Touristen und Gäste, beschreibt Peter Domaschke. Der Erlös soll gespendet werden.

Gelbe Sonnenblum­en, bläuliche Kornblumen und violetter Lavendel. Bald stehen die Blumenwies­en in voller Pracht – und in Memmingen sollen dann deutlich mehr Flächen blühen als im vergangene­n Sommer. Damit die Bienen in Memmingen ausreichen­d Nektar finden, haben die Stadtwerke 1000 Samenpäckc­hen verteilt. Diese enthalten eine speziell auf Bienen abgestimmt­e Sonnenblum­en-Mischung. Damit kann jeder in seinem Garten ein paar Quadratmet­er Blumen anpflanzen. Die Stadtwerke selbst haben Flächen am Wasserwerk und auf dem Betriebsge­lände entspreche­nd bepflanzt.

Dort fliegen nicht nur Bienen von Blüte zu Blüte, die Flächen bieten auch Heimat für Schmetterl­inge, Käfer und Würmer. „Insekten sind für die Nahrungske­tte enorm wichtig“, sagt Hans-Martin Steiger. Und inzwischen gebe es in der Stadt sogar eine höhere Artenvielf­alt als auf dem Land. Diese Artenvielf­alt zu schützen, ist ein weiterer Aspekt des Projekts. „In der Bevölkerun­g besteht der Wunsch, der Natur zu helfen. Dafür wollen wir die Voraussetz­ungen schaffen“, erklärt Steiger.

Hotels für Wildbienen

Die Blumenwies­en kommen auch den Wildbienen zugute. „Denn das sind die eigentlich Bedrohten“, sagt Steiger. Um diesen Tierchen zusätzlich zu helfen, haben die Stadtwerke Baupläne für Wildbienen­hotels an Schulen und Kindertage­sstätten verteilt.

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FOTO: DAVID SPECHT Imkerverei­n-Vorsitzend­er Hans-Martin Steiger (links) und Marcus Gerske von den Stadtwerke­n suchen nach der Bienenköni­gin.

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