Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ausstellungs-Coup mit Strawalde in Isny
Städtische Galerie im Schloss präsentiert Schätze aus der Privatsammlung „FriLo“
Städtische Galerie im Schloss zeigt Werke aus der Privatsammlung „FriLo“.
ISNY - Mit der kommenden Ausstellung in der Städtischen Galerie im Isnyer Schloss sind Kulturamtschefin Karin Konrad und Kuratorin Elisabeth Olberz ein Coup gelungen: Ab 1. Juli sind dort Werke von „Strawalde“zu sehen. Unter diesem Pseudonym firmiert Jürgen Böttcher, der sich in der DDR zunächst einen Namen als Dokumentarfilmer gemacht hatte. Nach der Wende wandte sich Strawalde mit ungeheurer Schaffenskraft wieder der Leinwand zu. Die großformatigen Ölgemälde, Collagen und Miniaturen auf Papier – Postkartenübermalungen –, die nun im Isnyer Schloss zu sehen sind, stammen aus der Sammlung „FriLo“, was für die zusammengezogenen Vornamen von Fritz und Lilo Straubinger steht. Das Isnyer Kunstsammlerehepaar sagte übrigens eine Anfrage der Städtischen Galerien Dresden nach bestimmten Strawalde-Leihgaben ab, weil die Isnyer Schau schon vereinbart war. Über die Geschichte der Sammlung „FriLo“und die Ausstellung hat Tobias Schumacher mit den Straubingers und Kuratorin Olberz gesprochen.
Lilo und Fritz Straubinger, was ist der Inhalt Ihrer Kunstsammlung? Fritz Straubinger: Hauptsächlich Werke von Strawalde – und hier zum größten Teil Ölgemälde, die er kurz nach der Wende begonnen hat zu malen, als er seine Arbeit als Regisseur beendete.
Lilo Straubinger: Er hatte ja erst Malerei studiert, doch die DDR belegte ihn mit einem Malverbot. Es folgte ein Zweitstudium als Regisseur, er war sehr erfolgreich als Dokumentarfilmer, die Biennale hat ihn 2006 mit einem „Silbernen Bären“für sein Lebenswerk ausgezeichnet, ich war bei der Preisverleihung dabei... Fritz Straubinger: Als er wieder malen durfte, sprudelte er vor Ideen und Impulsen. In den 1990er-Jahren sind sehr starke, kraftvolle, energiegeladene Werke entstanden. Elisabeth Olberz: Es war eine seiner Hochphasen, er arbeitete wie entfesselt. Seine Bildersprache ist sehr abstrahiert, wo durch er in den Fokus der Formalismusdebatte unter dem DDR-Regime geriet – dies war aber vor den 1990er-Jahren. Nach der Wende konnte er seinen Stil endlich ausleben und seine Kunst auch im Westen bekannt machen. Zu seinen berühmtesten Schülern zählt heute Ralf Winkler alias A. R. Penck, der im Westen große Aufmerksamkeit erhielt – anders als sein Lehrer.
Wie kommt man dazu, Strawalde zu sammeln?
Fritz Straubinger: Ich bin seit 50 Jahren Kunstsammler und habe ihn bei einer Ausstellung – ich glaube, es war 2005 in Ravensburg – entdeckt und konnte meine Frau für ihn auch begeistern. Es gibt unter anderem aber noch einen anderen großen Künstler, der stark in unserer Sammlung vertreten ist und darauf wartet ausgestellt zu werden. Lilo Straubinger: Als Strawalde damals für einen Tag aus Berlin nach Ravensburg kam, um sich dem Publikum für Fragen zur Verfügung zu stellen, nahmen wir die Gelegenheit wahr, ihn persönlich kennenzulernen, und wir haben ihm sogar aus der Ausstellung heraus gleich zwei Bilder abgekauft.
Wie viele sind es heute?
Lilo Straubinger: Ölgemälde sind es circa 40, davon hängen in der Städtischen Galerie im Schloss 24 großformatige Arbeiten. Außerdem sind 12 kleinere Zeichnungen und in Tischvitrinen 22 Postkarten zu sehen. Fritz Straubinger: Die Papierarbeiten kommen eindeutig zu kurz. Strawaldes hochgeschätzte Collagen können gar nicht gezeigt werden, weil einfach kein Platz mehr zur Verfügung steht.
Lilo Straubinger: Als Appetithappen zeigen wir ein paar wenige in den Arkaden in der Bergtorstraße. Olberz: Die großformatigen Bilder wirken nur in großen Räumen. Leider ist die Städtische Galerie wegen des Gewölbes begrenzt. Die Vielfalt von Strawaldes Werk ist unglaublich umfassend: Collagen, Radierungen, Lithografien, Illustrationen... Fritz Straubinger: ...wovon er viele für kunstliterarische Bücher geschaffen hat – da kostet ein Buch schon mal 600 Euro.
Wie wird man zum Sammler? Fritz Straubinger: Das bedingt eine gewisse Begeisterung für Kunst. Wenn die sich in jungen Jahren herausbildet, ist man ein Leben lang Kunstsammler.
Lilo Straubinger: Mein Mann ist sehr zielstrebig, Schützen sind allgemein sehr zielstrebig, um nicht zu sagen: ohne Rücksicht auf Verluste (lacht). Wie entstand die Idee zur Ausstellung in Isny?
Fritz Straubinger: Ich bin ein paar mal auf Karin Konrad zugegangen und habe sie gefragt, ob sie sich unsere Sammlung nicht mal anschauen möchte. Dann hat sie gesehen, wie umfangreich unsere Sammlung ist und dass mit Teilen daraus durchaus eine Ausstellung gemacht werden könnte.
Olberz: ...und dann wurde ich gefragt, ob ich die Schau nicht kuratieren möchte. Ab Januar haben wir dann immer wieder zusammengearbeitet, um die Ausstellung zu stemmen.
Fritz Straubinger: Es gibt inzwischen andere Stadtmuseen, die sich um unsere Werke bewerben, unter anderem die Stadtgalerien Dresden. Deren Strawalde-Ausstellung beginnt eine Woche vor Ende unserer in Isny. In Sachsen können jetzt wichtige Werke nicht gezeigt werden, weil sich die Ausstellungen um eine Woche überschneiden. Größter Leihgeber von Strawalde-Ölbildern waren wir übrigens anlässlich einer Retrospektive zum 80. Geburtstag von Strawalde im Lindenau-Museum in Altenburg in Thüringen im Jahr 2012. Olberz: Wir wollen zur Schau stellen, wie eindrücklich und großformatig Strawalde ist. Wichtig war uns außerdem zu zeigen, was hier in der Sammlung „FriLo“beisammen ist. Fritz Straubinger : In nicht allzu ferner Zukunft soll unsere Sammlung eventuell als Stiftung oder Dauerleihgabe in der Allgäuer Region zu sehen sein – wenn jemand geeignete Räume anbieten würde, wo wir sicher wären, dass der Bestand gepflegt würde. Durch die vielen Besucher des Center Parcs zum Beispiel könnte eine dauerhafte Ausstellung von Strawalde hier denkbar sein – quasi als Pilgerstätte für diesen Künstlers mitten im Allgäu. Vielleicht fänden sich sogar weitere Sammler mit Werken von namhaften Künstlern, die sich ebenfalls an einem solchen Projekt beteiligen wollen. Aber das ist im Moment nur eine Idee. Unser Bestreben ist es, da unsere Sammlung von StrawaldeWerken eindeutig die derzeit umfangreichste ist, sie möglichst komplett zusammenzuhalten, um sie später einem größerem Publikum dauerhaft zugänglich zu machen. Olberz: Jetzt gibt es erst einmal einen Katalog zur Ausstellung im Schloss, der einen kleinen Ausschnitt der Sammlung „FriLo“dokumentiert.