Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Das war kollektive Arbeitsverweigerung“
Nach dem WM-Aus fallen die Reaktionen über die deutschen Fußballer garstig aus
LEUTKIRCH (heb) - Der große Bildschirm auf dem Leutkircher Marktplatz wird am Donnerstag erst gar nicht freigemacht. Es regnet, und ob sich zu viele Gäste für das nächste Public Viewing mit den Nachmittagspartien zwischen dem Senegal und Kolumbien und Japan gegen Polen die Zeit vertrieben hätten, sei dahingestellt. Das WM-Aus der deutschen Mannschaft, am Vortag an gleicher Stelle noch intensiv verfolgt, beherrscht aber viele Gespräche.
Die Enttäuschung darüber und die Kritik am Auftreten des Weltmeisters ist groß, das zeigen auch Reaktionen, die bei der Schwäbischen Zeitung direkt eingegangen sind. Einer ist Remig Albrecht, der Vorsitzende des SV Beuren, der schreibt: „Ich hätte jedes Ausscheiden akzeptiert. Nach erbittertem Kampf, nach einer strittigen SchiriEntscheidung, nach einem unglücklichen Eigentor. Aber da geben unsere millionengesättigten Stars im Vorfeld die Titelverteidigung als klare Zielsetzung aus, und dann folgen solch emotionslose, schwerfällige und kraftlose Auftritte ohne jegliches Pflichtgefühl für den Adler, den man auf der Brust trägt. Ich habe um so mehr Respekt vor unseren Amateurfußballern, die sich am Sonntag den Allerwertesten für ihren Verein aufreißen und die dann unter der Woche gefordert sind, für gerade mal 2000 Euro im Monat am Arbeitsplatz Höchstleistung zu bringen.“
Zu Wort meldet sich auch der frühere Sportchef der Schwäbischen Zeitung, Rolf Schneider, der als geschätzter Autor der SZ während dieser WM zwei Mal über das Public Viewing mit den deutschen Vorrundenspielen gegen Mexiko und gegen Schweden berichtet hatte. „Der Bundestrainer hatte nicht nur keinen Plan B, sondern auch keinen Plan A für ein gutes Turnier. Falsche Personalpolitik (Leroy Sane zu Hause, Khedira als Führungsspieler), arrogante Auftritte (ständige Geheimtrainingseinheiten, Bierhoffs Gehabe) und ein ständiges trotziges Merkel-Mantra (Wir schaffen das!) prägten die WM aus deutscher Sicht. Jetzt müsste ein grundlegender Neuanfang her. Aber Löw (Vertrag bis 2022) und Bierhoff (bis 2024) haben ja finanziell bestens gepolsterte Rentner-Kontrakte. Die Talsohle ist noch lange nicht erreicht.“
Ganz kurz hat sich Annelie Messner gefasst, die festhält: „Eine Schwalbe (Herr Kroos) macht noch keinen Sommer (das Weiterkommen). Das war kollektive Arbeitsverweigerung. Es hat von Anfang an gar nichts gestimmt.“
Dazu passt auch die Meinung von Josef Hodrus, dem Vorstandssprecher der Volksbank Allgäu-Oberschwaben: „Ich bin enttäuscht wie viele andere Anhänger auch. Da sind zwar ausgezeichnete Profis auf dem Platz gestanden, aber sie haben es nicht geschafft, ein starkes Team zu sein“.