Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Dieser Protest hat viele Seelen
In Augsburg gehen 6000 Menschen gegen die AfD auf die Straße
AUGSBURG - Er sieht aus wie auf einem Wanderausflug: Werner Röll ist akkurat frisiert, trägt braune Halbschuhe, beigefarbene kurze Hosen, ein schwarzes T-Shirt. Aber Werner Röll ist zum Protestieren gekommen. Mit seinen Töchtern und einer befreundeten Familie ist er an diesem Wochenende die gut 100 Kilometer aus dem Allgäu nach Augsburg gefahren, zur Demonstration gegen den AfD-Bundesparteitag. Ein paar Hundert Meter weiter tagt die AfD gerade. Seit Wochen werden bei Gegendemos gewaltsame Ausschreitungen befürchtet – vor allem, nachdem im Internet ein Reiseführer namens „Augsburg für Krawalltouristen“aufgetaucht ist. 2000 Polizisten sind im Einsatz, es ist der größte Polizeieinsatz in der Geschichte der Stadt.
Röll ist Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft Verdi. „Wir wollen dem Protest den Schrecken nehmen“, sagt er. „Wir sind normale Bürger, die aufstehen gegen Rassismus.“Eine halbe Stunde später marschiert die Antifa an, die der Verfassungsschutz als linksextrem einstuft. Es ist ein Block von Menschen, viele in Schwarz gekleidet, ein paar mit schwarzen Kapuzenjacken, trotz Sommersonne und 26 Grad im Schatten. Wenige Meter weiter stehen, viel zahlreicher und mit unverhüllten Gesichtern, Demonstranten mit Fahnen und Transparenten der Grünen.
Dann gehen sie alle los, zur AntiAfD-Kundgebung am Rathausplatz. Insgesamt gehen bei diesem Demozug laut Polizei-Schätzung 5000 Menschen mit.
Dieser Protest hat viele Seelen. Als sie auf dem Rathausplatz ankommen, prallen sie kurz heftig aufeinander. Dort, auf dem zentralen Platz Augsburgs, warten etwa 1000 Menschen auf den Demozug. 6000 Menschen füllen den Platz fast vollständig aus. Auf der Bühne am Ende des Platzes tritt Kurt Gribl ans Mikrofon, Augsburger Oberbürgermeister und CSU-Mitglied. Sofort kommen gellende Pfiffe aus einem Teil des Publikums. Von dort, wo die Antifa steht, fliegen Tomaten, rohe Eier, leere Plastikflaschen auf Gribl. Dann drängen ein paar der Antifa-Leute nach vorne, es entsteht ein Tumult, Bereitschaftspolizisten eilen unter die Bühne, setzen ihre Helme auf. Andere Demonstranten drängen die Krawallmacher zurück, halten die Chaoten fern von den vorderen Reihen. Die Polizei schreitet nicht ein.
Am Ende von Gribls Rede ist der Applaus lauter als die Pfiffe. Ein paar Minuten lang ist es ruhiger im Publikum, „Vollidioten“, zischt einer von unterhalb der Bühne in Richtung der Krawallmacher. Claudia Roth, Grüne, Bundestags-Vizepräsidentin und Hassfigur für die AfD, spricht. Nein, sie schreit ins Mikrofon. Am Ende ruft sie besonders laut, in Richtung der Rechtsalternativen: „Das ist unser Land! Und da kriegt ihr uns nicht raus, versprochen!“
Später sagt ein Polizeisprecher, man sei „zufrieden“mit der „bunten“Protestveranstaltung.