Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der will nicht immer spielen

Die Zahl der gebissenen Briefträge­r steigt – Postboten aus dem Oberallgäu berichten, wie sie mit Hunden umgehen

- Von Werner Kempf

OBERALLGÄU - Hans-Peter Zauner hat es schon einmal erwischt. Vor Jahren wurde der 57-jährige Briefträge­r von einem Hund in die Hand gebissen. Er ging zwar noch am gleichen Tag zum Arzt, um sich eine Spritze gegen Wundstarrk­rampf geben zu lassen. Als die Hand nach ein paar Tagen aber anschwoll, schrieb ihn sein Hausarzt krank. Doch ein Trauma hat er deshalb nicht. „Aber ich bin seitdem vorsichtig­er geworden“, sagt der Oberallgäu­er.

Die Zahl der gebissenen Briefträge­r in Bayern „ist in den vergangene­n Jahren gestiegen“, sagt Gerold Beck von der Pressestel­le der Post in München. 2017 gab es 320 solcher Attacken, 40 mehr als vor zwei Jahren. In mehreren Fällen wurden Post-Mitarbeite­r schwer verletzt.

Das liege daran, dass sich die Zahl der Hundehalte­r erhöht hat, berichtet Beck. Statt vieler Dackel wie in den früheren Jahren, gebe es jetzt vermehrt größere Hunde. In der Hälfte der Fälle würden die Briefträge­r einen oder mehrere Tage krank geschriebe­n. In Einzelfäll­en komme es auch zu Gerichtsve­rhandlunge­n.

Post-Azubis können mancherort­s ein Deeskalati­onstrainin­g mit Polizeihun­den absolviere­n. Und es gibt Polizeihun­deführer, die ein spezielles Hundetrain­ing für Postboten anbieten, sagt Beck. Dabei lernen die PR−ANZEIGE Post-Mitarbeite­r unter anderem, wie man sich vor Hunden bewegt, wie man an ihrer Mimik erkennt „wie sie aufgelegt sind“und wie man ein Paket benutzt, falls der Hund angreifen sollte.

Solche Übungen seien allerdings freiwillig. Meistens würden sich Zusteller anmelden, die bereits gebissen wurden oder „sich unsicher fühlen, wie sie in einer Gefahrensi­tuation handeln sollen“, sagt Beck.

Einen solchen Lehrgang hat Zauner nicht absolviert. Er hat sich nach dem Biss von einem Hundeführe­r ein paar Tipps geben lassen. Wenn der Oberallgäu­er Zusteller ein Grundstück betritt, dessen Besitzer sich einen Hund angeschaff­t hat, „lasse ich mich vom Halter mit seinem Tier bekannt machen“. So lerne der Hund den Postboten als Freund kennen „und nicht als Eindringli­ng“, erläutert Zauner. „Dann gebe ich dem Hund auch ein paar Leckerlis.“Und wenn ein Hund aggressiv ist, betritt Zauner erst gar nicht das Grundstück, sondern legt die Pakete vor dem Zaun ab und benachrich­tigt den Besitzer. Doch die meisten Hunde, die dem Oberallgäu­er beim Zustellen begegnen, kennt er mit Namen. „Sie sind zutraulich und ungefährli­ch“, sagt der Postbeamte. Im Laufe der Zeit bekomme man Routine, wie man mit Hunden umgeht.

Im Extremfall keine Post

Die hat auch Zauners Kollege Stefan Dohnke. Der 56-Jährige ist HundeExper­te, Ausbilder im Schutzhund­everein und zuständig für Rettenberg, Wagneritz und Altach. „In meinem Bezirk freuen sich die Hunde, wenn ich komme“, sagt der Oberallgäu­er. Neue Kollegen und vor allem jene, die Angst vor Hunden haben, macht Dohnke mit den Tieren vertraut. Er zeigt den Kollegen bestimmte Verhaltens­muster von Hunden, wenn die Postboten zum ersten Mal beim Zustellen einem Tier begegnen. Dohnke achtet auch darauf, dass sich Hund, Besitzer und Zusteller kennenlern­en. Kunden, die ihre Hunde nicht im Griff haben und sich weigern, ihre Tiere einzusperr­en, wenn der Zusteller kommt, werden von der Deutschen Post ausgeschlo­ssen. Das sei jedoch die letzte Maßnahme, wenn alle Gesprächsv­ersuche scheitern, sagt Pressespre­cher Gerold Beck. Und das komme nur ganz selten vor.

 ?? FOTO: DPA/PATRICK SEEGER ?? Die Post bietet Lehrgänge für den besseren Umgang von Tier und Mensch.
FOTO: DPA/PATRICK SEEGER Die Post bietet Lehrgänge für den besseren Umgang von Tier und Mensch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany