Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Auf großer Fahrt im kleinen Haus
Vor 30 Jahren stellte VW den ersten California vor – Dankbarer Klassiker für Neueinsteiger in den Oldtimermarkt
MÜNCHAURACH (dpa) - Er ist Baustellenlaster und Familienkutsche, Kleinbus und Großraumtransporter, fährt als Krankenwagen, rollender Laden oder als mobile Werkstatt: Kein anderer VW hat so viele Einsatzmöglichkeiten wie der VW Transporter. 40 Jahre nach dem ersten Prototypen entdeckten die Wolfsburger aber noch eine weitere Rolle für ihr Multitalent: das Reisen. Auf dem Caravan-Salon in Essen zeigten sie 1988 den T3 als California mit Wohnmobilausbau – der Beginn einer Erfolgsgeschichte.
„Natürlich gab es schon immer Um- und Ausbauten, mit denen der Transporter auf Reisen geschickt wurde“, sagt Christoph Boltze aus Münchaurach in Franken. Er besitzt drei T3 und hat sich in der VW-Szene als Bulli-Experte einen Namen gemacht. Aber statt den Wagen – wie heute – tatsächlich selbst als Reisemobil zu produzieren, bediente sich VW damals der Hilfe des Spezialisten Westfalia. Während man die Reisemobile auf Bulli-Basis sonst immer nur bei Fremdfirmen kaufen konnte, rollte der California nun ganz offiziell vom Hof der VW-Händler, sagt Boltze.
Zwar war das nach Einschätzung des Experten vor allem eine Maßnahme zur Beschleunigung des Abverkaufs. Schließlich stand der 1990 präsentierte T4 schon in den Startlöchern. Doch bei den Kunden kam das Konzept, zu dem neben dem Werksvertrieb auch ein vergleichsweise günstiger Preis durch eine deutlich abgespeckte Ausstattung zum Beispiel ohne Standheizung gehörte, offenbar gut an. In den drei Jahren seiner Laufzeit wurden vom T3 California mehr als 20 000 Exemplare verkauft. Allein im ersten Jahr wurden mehr als 5000 Fahrzeuge bestellt, die vom Westfalia-Werk in Rheda-Wiedenbrück aus in alle Welt geliefert wurden.
Satte Preiserhöhung
Andere Werksausbauten wie der Atlantic kamen und gingen über die Jahre. Der California aber, das einzige von VW selbst angebotene Reisemobil, hat die Generationenfolge überstanden und wurde bis heute mehr als 150 000 Mal verkauft. Nur die Sache mit dem günstigen Einstiegspreis stimmt heute nicht mehr: Stand der erste California noch mit 39 900 Mark in der Liste, verlangt VW für das aktuelle Modell mindestens 43 221 Euro.
Nur zwei Lackierungen
Bei seinem Debüt wurde der California wahlweise mit Aufstell- oder Hochdach angeboten. Als Motoren waren ein 1,6-Liter-Diesel mit 69 PS oder Benziner mit 1,9 und 2,1 Litern und 78 und 110 PS verfügbar. Bei der Lackierung konnten Camper Pastellweiß oder Marsalarot wählen.
Mit vielen gut durchdachten Detaillösungen steht der California für eine clevere Raumausnutzung auf einer vergleichsweise kompakten und damit alltagstauglichen Grundfläche, sagt Gerhard Mauerer vom Fanportal „VW-Bulli.de“. Zum Beispiel sind in der Heckklappe zwei Campingstühle untergebracht, der dazugehörige Tisch steckt passgenau im Hohlraum der Schiebetür. „Während die Eigner großer Wohnmobile in der Regel auf maximalen Komfort setzen und ihr Gefährt wie ein Eigenheim auf Rädern betrachten, steht für die Fans des California immer die größtmögliche Freiheit im Fokus“, erläutert Mauerer. Sie können auch kleinste Wege, Gassen und Stellplätze meistern und sind schnell abreisebereit.
„Daran hat sich bis heute nur wenig geändert“, sagt Christoph Boltze. Zwar wird die erste California-Generation 30 Jahre nach der Premiere jetzt mit einem H-Kennzeichen zum Oldtimer geadelt. Doch kann sich der T3-Fan nur schwerlich vorstellen, dass aus dem Reisemobil deshalb ein Sammlerauto und Schmuckstück für die klimatisierte Garage wird: „Der California war und ist ein Nutzfahrzeug und will deshalb auch weiterhin bestimmungsgemäß genutzt werden – zum Reisen.“
Das heißt allerdings nicht, dass die Preise deshalb im Keller wären. Boltze registriert eine hohe Wertschätzung und damit auch eine gewisse Wertsteigerung für den California aus der ersten Generation. Unter 16 000 Euro sei ein gut erhaltenes Exemplar mit solider Technik kaum zu bekommen, taxiert er den Markt. Und für besonders gute Autos seien schnell auch mal 20 000 Euro und mehr fällig. Dennoch sei der California ein dankbarer Klassiker für Neueinsteiger. Das Angebot ist groß, die Ersatzteilversorgung hinreichend. Und: „Während die Pritschenund Kastenwagen jener Zeit heute alle weggefault sind, findet man unter den Reisemobilen noch viele gute T3“, sagt Boltze.
Für die Ewigkeit gebaut
Blind zuschlagen sollte man trotzdem nicht: „Sondern wie bei jedem Transporter jener Jahre muss man auch beim California nach drei Schwachstellen schauen: Rost, Rost und Rost“, warnt Boltze. Besonders bedroht sind die Schweißnähte: Weil verzinkte Bleche damals noch nicht geschweißt werden konnten, ende die Verzinkung ein paar Millimeter vor den Nähten – und lasse dem Rost so eine Angriffsfläche. Außerdem führe Schwitzwasser hinter dem Kühlschrank gerne zu Korrosion, und der Blick unter die Fußmatten in der ersten Reihe gehöre ebenfalls nach ganz oben auf die Checkliste. Wenig Sorgen bereiten Antrieb und Fahrwerk. Da sei der Bulli für die Ewigkeit gebaut, selbst wenn man immer mal was zu reparieren hätte. „Aber was bis heute gehalten hat, das hält auch noch ein paar Urlaube durch“, gibt Boltze den Optimisten.
Nur einen Schönheitsfehler hat die Geschichte: Zwar hat VW den Transporter auch in den USA verkauft – aber ausgerechnet der California hat es trotz seines Namens auf offiziellem Weg nie nach Amerika geschafft. Doch was nicht ist, kann ja noch werden. In zwei, drei Jahren geht – nicht zuletzt auf Druck aus Amerika – der elektrische I.D. Buzz im Stil der alten Transporter in Serie und böte allemal genügend Platz für einen Wohnmobilausbau.