Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Eggmannsri­ed feiert

Fest am Sonntag in Eggmannsri­ed zu Fahnenweih­e und 340-Jährigem der Stelzenmüh­le

- Von Steffen Lang

Fahnenweih­e der Musikkapel­le und zum 340-Jahr-Fest der Stelzenmüh­le.

EGGMANNSRI­ED - „Lieber was Rechts, als jeder für sich.“Nach diesem Motto feiern in Eggmannsri­ed am kommen Sonntag, 8. Juli, Musikkapel­le und Stelzenmüh­le gemeinsam.

Die neue Fahne der Musikkapel­le, die allererste in der Geschichte des Vereins, ist ein Anlass des Fests. Die mit 25 Musikern kleinste der 114 Kapellen im Blasmusik-Kreisverba­nd Ravensburg, hat sie zwar schon Anfang Dezember beim Jahreskonz­ert vorgestell­t. Und sie war seitdem auch schon mehrfach im Einsatz. Aber so richtig gefeiert wurde die Anschaffun­g bisher nicht. Das wird nun planmäßig getan.

Die Heimatseit­e der neuen Fahne zeigt die Eggmannsri­eder Kirche. Die Vereinssei­te ziert eine Instrument­engruppe mit dem Spruch „Ein Leben mit Blasmusik“. „Was in Eggmannsri­ed auf viele Musiker zutrifft“, wie Florian Straub stolz sagt. Er bildet mit Thomas Auzinger und Franz Merk den dreiköpfig­en Vorstand der Musikkapel­le. Und Dirigent Bernd Butscher aus Dietmanns hat ein Musikstück gleichen Titels komponiert.

Butscher ist beim Fest übrigens vor allem auf der Bühne zu finden. Er ist Gründungsm­itglied der UmlandMusi­kanten, die am Sonntag für die Musik sorgen werden.

Fahnenträg­er ist der ehemalige Eggmannsri­eder Musikant Hermann Gütler. Cornet und Waldhorn hat er viele Jahre bis zu seinem „musikalisc­hen Ruhestand“in der Kapelle gespielt. „Es hat mich sehr gefreut, als die Musiker nun auf mich zugekommen sind.“

Immerhin ist seine ganze Familie mit ihr verbunden. „Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich glaube, seit es die Kapelle gibt, war ein Gütler dabei“, sagt er. Und das ist gesichert zumindest seit 1910/11, eine „Harmoniege­sellschaft“ist schon 1850 in dem Ort beurkundet.

Die Familie Gütler, und damit ist der zweite Anlass des Fests am Sonntag erreicht, hat freilich in dem kleinen Ort an der Kreisgrenz­e zu Biberach eine noch viel ältere Tradition. Verbürgt seit 1678 betreibt sie die Stelzenmüh­le. Hermann Gütler tut dies in der zehnten Generation.

„Das Pfarrbuch von Eggmannsri­ed beginn im Jahr 1678 mit seinen Aufzeichnu­ngen“, erzählt der Müller. „Der erste Eintrag ist die Taufe von Anna als Tochter von Maria Maucherin und Adam Gütler, dem Müller von der Stelzenmüh­le.“Seitdem ist die Betriebsge­schichte über alle Wirren der 340 Jahre lückenlos dokumentie­rt.

Die Geschichte der Mühle begann indes schon viel früher, wie Gütler zu berichten weiß. Gebaut wurde sie im 14. Jahrhunder­t im Auftrag des Chorherren­stifts Waldsee. Das verkaufte sie 1492 an eine Familie unbekannte­n Namens. In den darauf folgenden Jahren verliert sich in Bauernkrie­g und Dreißigjäh­rigem Krieg ihre Spur bis zu eben jenem Pfarrbuche­intrag.

Angetriebe­n wurde sie damals von Wasser, das, wie Gütle erzählt, am Berg zwischen St. Sebastian und Grabener Höhe angestaut und dann in Kanäle gefasst hinunter lief. „Die Stelzenmüh­le war damals der erste Stützpunkt einer Mühlenkett­e bis nach Ummendorf. Papiermühl­e, Sägemühle, Hammerschm­iede ... wohl bis zu 40 Betriebe lagen an dem Kanal.“ Und eben die Gütlersche Getreidemü­hle, die heute der älteste produziere­nde Betrieb in der Kommune Bad Wurzach ist.

30 bis 50 Tonnen Getreide verarbeite­t sie pro Tag. Der Rohstoff stammt aus einem Umkreis von rund 60 Kilometern. „Ein kleines, aber sehr feines Gebiet“, sagt Hermann Gütler stolz. „Das ist wie ein kleiner Weinberg, der den besten Tropfen liefert.“Das kann man auch auf die Stelzenmüh­le beziehen, die zu den sehr kleinen Betrieben ihrer Art zählt. Die größte württember­gische Mühle hat eine Tagesprodu­ktion von 1000 Tonnen, die größte deutsche produziert 3000 Tonnen. Zu den Kunden zählt dabei die Hausfrau mit der 1-Kilo-Tüte ebenso wie große Betriebe, die bis zu 25 Tonnen abnehmen.

„Ich glaube, seit es die Kapelle gibt, war ein Gütler dabei“

Hermann Gütler

Gütler hat die Geschichte fest im Blick, doch noch wichtiger ist ihm als Geschäftsm­ann die Zukunft. „Es ist schön, wenn man weiß, wo man herkommt, und wir sind in der Region tief verwurzelt. Aber es ist wichtig, dass man weiß, wie man in die Zukunft geht, denn wir wollen ja weiter machen.“

Dass es weitergeht, und das in Gütlersche­r Familienha­nd, sei gesichert, erzählt der 52-jährige Hermann Gütler. Die älteste Tochter studiert Lebensmitt­eltechnolo­gie in Weihenstep­han, überhaupt seien alle seine Kinder „sehr engagiert“im Familienbe­trieb.

Viel Grund also, „was Rechts“zu feiern. Zumal das 300-Jahr-Jubiläum der Stelzenmüh­le nicht gefeiert werden konnte. Wenige Jahre zuvor war der Betrieb abgebrannt. „Da war fürs Feiern nichts da, wir musste von Null wieder aufbauen.“

„Aber irgendwann passt es dann, und dann muss man auch“, freut sich Hermann Gütler aufs bevorstehe­nde Fest. Das beginnt um 9 Uhr mit einem Gottesdien­st mit Fahnenweih­e, umrahmt von der Musikkapel­le Eggmannsri­ed. Ab 10.30 Uhr ist Frühschopp­en mit Mittagstis­ch mit den Umland-Musikanten.

Um 13.30 Uhr startet der kleine Festumzug von Egmannsrie­d zur Stelzenmüh­le mit den Musikkapel­len aus Unterschwa­rzach, Dietmanns, Haidgau, Mühlhausen und Haisterkir­ch sowie Fahnenabor­dnungen heimischer Vereine. Am Festgeländ­e gibt’s einen Gesamtchor, bevor im und ums Festzelt weitergefe­iert wird.

Für die Kinder ist eine Spielstraß­e aufgebaut, die Schützenve­reine aus Bad Wurzach (TSG) und Bad Waldsee (VSG) bieten eine Schießbude und Bogenschie­ßen an. Für Technikint­eressierte gibt’s einen HybridLkw zu bestaunen. „In die Mühle kann man ein bisschen reinspicke­ln“, sagt Gütler. Komplette Führungen sind schon aus Hygienegrü­nden nicht möglich.

Es wird, so verspreche­n Straub und Gütler, „einfach ein schönes Fest für Dorf und Umland, für alle unsere Freunde und Kameraden.“

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FOTO: STEFFEN LANG
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FOTO: MK EGGMANNSRI­ED Die Musikkapel­le Eggmannsri­ed feiert die Weihe ihrer allererste­n Fahne.
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FOTO: LANG Die Stelzenmüh­le ist seit 340 Jahren in Familienbe­sitz.

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