Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Das Schwäbisch­ste unter den Arbeitstie­ren

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Der Japaner als solcher zeichnet sich ja durch einen geradezu schwäbisch­en Fleiß aus. Pflichtbew­usst erledigt er sämtliche ihm übertragen­en Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenh­eit. Wenn bei uns die Werkssiren­e zum Feierabend aufröhrt, hat der Japaner gerade mal Mittagspau­se. Sein Eifer ist unter den Werktätige­n dieses Planeten legendär. Suchte man im Tierreich eine treffende Parabel auf den Japaner, man verfiele auf die Ameise.

Nun droht eine fürchterli­che Nachricht aus Kobe diesen Ruf vollkommen zu zerstören. Denn wie dort die Zeitungen in trauerumfl­orten Artikeln schreiben, hat ein Mitarbeite­r der Wasserwerk­e seine Mittagspau­se drei Minuten vor der Zeit begonnen. Drei Minuten! Der Mann habe dadurch die gesetzlich­e Regel verletzt, wonach Beamte sich auf ihre Arbeit zu konzentrie­ren hätten. 180 Sekunden früher den Herrgott einen guten Mann sein zu lassen, bedeutet eine Versündigu­ng am japanische­n Steuerzahl­er.

Der soziale Druck auf den Drückeberg­er steigt jedenfalls. Alldieweil die japanische Arbeitsmor­al fast keine Grenzen kennt. Denn nur im dortigen Sprachscha­tz gibt es ein eigenes Wort für Tod durch Überarbeit­ung. Es lautet: Karoshi. Wie gut geht es da dem deutschen gewerkscha­ftsnahen Metallarbe­iter, etwa beim Daimler, der nach 35 Stunden das Wochenende einläuten kann. Dieses Pensum hat der Japaner bereits Mittwochmi­ttag beisammen. Vielleicht ist der Grund für den bienenhaft­en Fleiß dem Umstand geschuldet, dass im Japanische­n ein Wort fehlt, dass man hierzuland­e gottlob noch kennt. Es heißt: Feierabend. (nyf )

untermstri­ch@schwaebisc­he.de

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FOTO: DPA Japanische Fleißbiene­n auf dem Weg ins Büro.

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