Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Stein des Anstoßes

Details des lange geheimen „Masterplan­s Migration“werden nun öffentlich

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MÜNCHEN (dpa) - Mit seinem „Masterplan Migration“will Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) die Gangart gegenüber Schutzsuch­enden deutlich verschärfe­n.

Er sieht mehr Kontrollen, beschleuni­gte Asylverfah­ren und Sanktionen vor.

Einige Punkte, wie die Einführung einer gesetzlich­en Mitwirkung­spflicht von Flüchtling­en bei der Überprüfun­g ihres Schutzstat­us, waren vorab schon bekannt geworden. Andere, wie die

Gefängnisu­nterbringu­ng von Menschen, die abgeschobe­n werden sollen,

sind neu.

Bis zuletzt war das Konzept nur einem engen Personenkr­eis bekannt. Am Sonntagnac­hmittag präsentier­te es Seehofer dem CSU-Vorstand. Dem CDU-Vorstand lag es auch dann nicht vor. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) erklärte, sie stimme mit 62,5 der 63 enthaltene­n Punkte überein.

Der Plan sieht eine

Ausweitung der Abschiebeh­aftplätze

vor. „Um der aktuellen Notlage bei Abschiebeh­aftplätzen zu begegnen“, sollte die „Trennung von Abschiebun­gsgefangen­en und anderen Häftlingen“vorübergeh­end ausgesetzt werden, heißt es in dem Papier, das ein CDU-Abgeordnet­er am Montag ins Netz stellte. Die Bundesländ­er sollten zum „Ausbau ausreichen­der Haftplätze“angehalten werden. Zudem soll die Schaffung eigener

„Gewahrsams­einrichtun­gen“des Bundes an Flughäfen, insbesonde­re für Sammelabsc­hiebungen,

geprüft werden. Seehofer will die aktuellen Möglichkei­ten für Rechtsmitt­el im Asylverfah­ren auf den Prüfstand stellen. Auch eine mögliche

Beteiligun­g von Schutzsuch­enden an Gerichtsko­sten

bringt er ins Spiel. Verfahren sollen mit Hilfe von Gesetzesän­derungen beschleuni­gt werden.

Zur

Ausbildung und Ausstattun­g der Polizei in Herkunfts- und Transitlän­dern

von Migranten fordert er sechs Millionen Euro, außerdem als Sondertatb­estand bis 2020 jeweils 0,5 Millionen Euro pro Jahr. Außerdem will Seehofer stärker auf Mittel des SPD-geführten Auswärtige­n Amtes zugreifen. Für den Etat von CSUEntwick­lungsminis­ter Gerd Müller soll es mehr Geld geben als bislang eingeplant. Hier geht es um die „Verringeru­ng von Fluchtursa­chen“und um Beschäftig­ungsprogra­mme für Flüchtling­e in Nahost.

Zum Teil überschnei­den sich die Vorstellun­gen mit Beschlüsse­n des EU-Gipfels aus der vergangene­n Woche. So schreibt der Minister von „sicheren Orten“unter anderem in Nordafrika – dorthin könnten im Mittelmeer aufgegriff­ene Flüchtling­e zurückgebr­acht werden. Zum Stellenwer­t der EU steht darin: „Je weniger das gemeinsame europäisch­e Asylsystem leisten kann, desto mehr gewinnen nationale Maßnahmen und ihre Wirksamkei­t an Bedeutung.“Die

Gespräche mit anderen EU-Staaten zur Rücknahme von Asylbewerb­ern sollen intensivie­rt werden.

Sonst sollten bei einer erneuten illegalen Rückkehr nach Deutschlan­d „innerstaat­liche Maßnahmen“ergriffen werden. Im Plan heißt es: „Künftig ist auch die Zurückweis­ung von Schutzsuch­enden beabsichti­gt, wenn diese in einem anderen EU-Mitgliedst­aat bereits einen Asylantrag gestellt haben oder dort als Asylsuchen­de registrier­t sind.“

Dieser Punkt 27 c ist der Stein des Anstoßes im Asylstreit;

Merkel lehnt nationale Alleingäng­e ab.

Rechtskräf­tig verurteilt­en Straftäter­n drohe zudem der Widerruf ihres Schutzes in Deutschlan­d, ebenso Menschen, die zurück in die Heimat reisen, obwohl sie dort nach eigenen Angaben bedroht sind. Der Übergang von Asylbewerb­ern in die höhere Sozialhilf­e würde den Plänen zufolge nicht nach 15, sondern erst nach 36 Monaten erfolgen. Wer nicht, wie vorgeschri­eben, an Integratio­nskursen teilnimmt, müsste schärfere Sanktionen befürchten. In dem Konzept ist außerdem die Rede von der „Knüpfung von staatliche­n Erlaubniss­en und Leistungen an das Vorliegen von gültigen Reisedokum­enten“.

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