Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Alte Mauern fallen, eine neue Infrastruktur entsteht
Neue SZ-Serie zum Erba-Areal: Abriss im Bereich der Weberei und Erschließung im Westen bilden den Auftakt
WANGEN - Den Bestand abreißen, eine neue Infrastruktur schaffen und alte Gebäude sanieren: Auf dem Erba-Areal ist derzeit jede Menge los. Schon jetzt ist das Gebiet der früheren Baumwollspinnerei in einigen Bereichen nicht mehr wiederzuerkennen. Die Abbrucharbeiten im Bereich der einstigen Weberei und die Erschließung im Westen prägen aktuell das Bild.
Die Front der früheren SkateFactory steht noch, auch der rote Eingangsbereich der Sport-Turbine ist weiter da, samt Schild: Wer von der Spinnereistraße aus einiger Entfernung auf den Erba-Webereikomplex blickt, für den sieht eigentlich fast alles so aus wie immer. Doch der Eindruck täuscht. Wer näher kommt und durch die verbliebenen Fenster dieser Kulisse schaut, der sieht und hört eine andere Welt – mit riesigen Schutthalden und Abfallbergen, mit schwerem, lärmendem Gerät, inmitten dichter Staubwolken.
Wahre Haldenlandschaft
Die Abrissarbeiten auf dem Gelände der früheren Erba-Baumwollspinnerei sind seit einigen Monaten in vollem Gange. Gelb-grüne Bagger des Winterlinger Rückbauunternehmens Libare brechen Wände und Decken ein, ein Brecher schreddert mächtige Betonteile und dicke LKW transportieren die mit Schutt gefüllten Container ab. Mittlerweile wurden die Gebäude der einstigen Weberei (zuletzt Skate-Factory, Sport-Turbine) und Teile der Spinnereivorbereitung (ehemalige Flüchtlingsunterkunft) dem Erdboden gleichgemacht. Als Nächstes zum Abbruch freigegeben sind Teile des Ostflügels samt des Rohwarenlagers sowie ein Anbau auf der Westseite der Alten Spinnerei. „Beim oberirdischen Abriss sind wir in den Endzügen“, sagt Frank Schwarzwälder, seitens des Bauamts und der Landesgartenschau GmbH mit dem Abbruch betraut. „Danach werden die Fundamente und Bodenplatten abgetragen, der Boden aufgefüllt und verdichtet.“
Der Abriss an sich ist dabei die eine Sache, die andere, wohl schwierigere Angelegenheit ist die Entsorgung. Das abgetragene Material muss dabei in verschiedene Kategorien eingeordnet werden: mineralische Substanzen, organische sowie Schadstoffe. Und so gleicht der frühere Weberei-Bereich einer wahren Haldenlandschaft. Es gibt getrennte Haufen für Holz, PU-Schaum oder Bauschutt. In weißen Säcke abgefüllt sind zudem Problemstoffe, beispielsweise kontaminierte, asbesthaltige Dämmmaterialien und Dachaufbauten. „Wir haben Monate damit verbracht, für stark schadstoffbelastete Materialien überhaupt Entsorgerfirmen zu finden“, berichtet Schwarzwälder. Er geht jedoch davon aus, dass der Gesamtkostenrahmen für den Abbruch in Höhe von gut 2,3 Millionen Euro eingehalten wird. Beim Erba-Abriss geht es immerhin um knapp 100 000 Kubikmeter umbauten Raum.
Comptoirgebäude bald nutzbar
Darunter ist auch der westliche Teil der früheren Spinnerei-Vorbereitung, die bis vor wenigen Jahren als Flüchtlingsunterkunft diente. Geblieben ist davon aktuell eine riesige Baugrube, in der die Stadt ein System zur Wärmegewinnung aus Grundwasser installieren will. Bis 2020 soll in diesem Bereich auch eine Art Festwiese entstehen, der Bund unterstützt diesen „Platz für die Jugend und die Begegnung der Generationen“, inklusive einer Veranstaltungshalle im einstigen Pförtnergebäude, bekanntlich mit Fördermillionen. Nördlich davon werden bis Ende 2019 die Quartiersgarage mit knapp 370 Parkplätzen und in den Jahren danach weitere, für Gewerbe vorgesehene Gebäude entstehen.
Stehen bleibt der Ostflügel, in dem Vereine unterkommen sollen – so auch der Deutsche Alpenverein. Der DAV plant zudem auf der benachbarten Fläche Richtung Kanal eine neue Kletteranlage. Was mit dem westlichen Teil der SpinnereiVorbereitung und der Alten Spinnerei geschieht, steht noch nicht fest. Bei letzterer ist laut OB Michael Lang denkbar, dass das denkmalgeschützte Gebäude bei der Landesgartenschau 2024 als eine Art Blumenhalle genutzt wird. Zu diesem Zeitpunkt wird die benachbarte Neue Spinnerei längst fertig sein, dort ist Wohnen und Gewerbe vorgesehen. Das erste, zumindest teilweise fertig sanierte Haus auf dem Erba-Areal dürfte jedoch das sogenannte Comptoirgebäude unmittelbar neben dem Kamin sein. Bis Juli soll hier das Erdgeschoss für Ausstellungen, Sitzungen und als Anlaufstation für Führungen genutzt werden können.
Im Vergleich zum Abriss auf dem Weberei-Gelände geht es im äußersten Westen des Erba-Areals etwas ruhiger zu – obwohl auch hier diverse Bagger am Werk sind. Seit einigen Monaten laufen im Bereich von Neuer Spinnerei, Neuer Mitte und früherer Werkssiedlung die Arbeiten zur Erschließung mit Wasser, Abwasser und Breitband sowie zur Strom- und Nahwärmeversorgung. Angeschlossen werden unter anderem die frühere Arbeitersiedlung, wo wieder Wohnungen entstehen, sowie der frühere Konsum (künftig ein Architekturbüro) und das einstige Magazin (künftig ein Steinmetzbetrieb).
Arbeiten Ende 2018 abgeschlossen
Fertig gestellt ist bereits das Regenrückhaltebecken im äußersten Westen. Davor ist derzeit eine begehbare Rohrbrücke im Bau. Sie soll nicht nur das Abwasser von der Erba zum Hauptanschluss auf der anderen Seite des Kanals leiten, sondern auch zu einer wichtigen Wegeverbindung zum Auwiesengebiet werden. „Mit der Erschließung und mit dem Abriss wollen wir noch in diesem Jahr fertig sein“, sagt Tiefbauamtsleiter Peter Ritter.