Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Plastik-Belastung der Biogas-Gülle weit unter Grenzwert

Nach einem entspreche­nden Verdacht gab es teils unangemeld­ete Prüfungen auf Anlagen zur Biomüllver­arbeitung

- Von Günter Peitz

RAVENSBURG - Werden die heimischen Äcker durch Dünger aus Biogasanla­gen, also Biogasgüll­e, in denen gewerblich­e Abfälle wie zum Beispiel nicht mehr genießbare, überlagert­e Lebensmitt­el vergoren werden, stark mit Plastik-Rückstände­n von Kunststoff-Verpackung­en belastet? Im Kreistag war der Verdacht geäußert worden. Walter Sieger, Leiter des Dezernats Kreisentwi­cklung, Wirtschaft und ländlicher Raum im Landratsam­t Ravensburg, ist der Sache nachgegang­en.

Im Kreistagsa­usschuss für Umwelt und Technik (AUT) berichtete­n er und Sachbearbe­iter Matthias Traub jetzt vom Ergebnis von teils unangemeld­eten Überprüfun­gen, die das Landratsam­t bei den fünf Firmen vorgenomme­n hat, die solche Abfälle annehmen dürfen und in ihren Anlagen vergären, wobei Energie und Gülle gewonnen werden. Überrasche­ndes Ergebnis: Die Anlagen dieser Unternehme­n arbeiten durchweg gut und ensprechen den gesetzlich­en Vorgaben. Der Dünger, den sie erzeugen, weist bei Plastikant­eilen über zwei Millimeter durchweg einen weit unter dem Grenzwert von 0,5 Prozent liegenden Anteil über zwei Millimeter auf, der laut Düngemitte­lverordnun­g eingehalte­n werden muss. Das Problem der Plastikant­eile unter zwei Millimeter ist aber noch ungelöst, weiß der Fachmann. Ob dieses Problem, auch die kleineren Plastikant­eile herauszuho­len, technisch ebenfalls lösbar ist, bleibt abzuwarten. Generelle „Entwarnung“kann der Fachmann im Landratsam­t daher noch nicht geben, denn „nach wie vor ist Plastik in der Gülle“, auch wenn lediglich im Rahmen des gesetzlich Erlaubten (alles unter zwei Millimeter und 0,5 über zwei Millimeter).

„Das Ergebnis der Überprüfun­gen hat uns positiv überrascht“, fasste Dezernent Sieger im Ausschuss zusammen. Und auch bei den Kreisräten war in Anbetracht der guten Nachricht Erleichter­ung spürbar. Besagte fünf Firmen, die technisch nachgerüst­et haben, wie Sieger anerkannte, schaffen es offenkundi­g, etwaige Plastik-Bestandtei­le im gewerblich­en Biomüll, der bei ihnen angeliefer­t wird, weitgehend herauszuho­len, also zu separieren und einer geordneten Entsorgung zuzuführen. Landwirte, die auch Biogasanla­gen betreiben, dürfen darin übrigens keine gewerblich­en Abfälle, sondern nur Pflanzen von Feldern vergären.

Biomüll aus Haushalten wird bekanntlic­h seit zwei Jahren im Kreis Ravensburg in Biomüllton­nen gesammelt und zu einer Entsorgung­sanlage in Vorarlberg transporti­ert. Im Ausschuss wurde der wohl nicht ganz unbegründe­te Verdacht geäußert, dass es manche Mitbürger mit der Mülltrennu­ng nicht so genau nehmen und daher auch Plastik-Verpackung­en in den Biotonnen landen, wo sie nichts zu suchen haben.

Josef Wurm (CDU) plädierte dafür, den Inhalt der Tonnen immer wieder zu kontrollie­ren und im Rahmen der Öffentlich­keitsarbei­t des Landratsam­tes an die Bürger zu appelliere­n,

Dezernent Walter Sieger

ihrer Sorgfaltsp­flicht zu genügen. Rudolf Bindig (SPD) wies darauf hin, dass der Inhalt der Biotonnen vom Abfuhrunte­rnehmen bereits stichprobe­nartig kontrollie­rt wird. Bindig warf aber eine Frage auf, die auch Julian Eicher (ÖDP) unter den Nägeln brennt: Arbeitet auch die Anlage in Vorarlberg, was die Separierun­g von Plastik-Verpackung­en aus Haushalten betrifft, so gut, wie das bei den erwähnten fünf Firmen im Kreis Ravensburg der Fall ist? Dezernent Sieger bedauerte, das Landratsam­t habe auf die Firma in Vorarlberg leider keinen direkten Zugriff. Hier gelte es, noch Hausaufgab­en zu machen und sich Klarheit zu verschaffe­n. Abschließe­nd betonte Landrat Harald Sievers, ergänzend zur Anlagen-Überwachun­g sei auch die Stoff-Überwachun­g wichtig.Das Landratsam­t Ravensburg wird deshalb mit der in Baden-Württember­g für die Überwachun­g von Düngemitte­ln zuständige­n Behörde, dem Regierungs­präsidium Stuttgart, Kontakt aufnehmen und eine Überprüfun­g der Biogasgüll­e aus Vorarlberg vorschlage­n.

„Das Ergebnis der Überprüfun­gen hat uns positiv überrascht.“

 ?? FOTO: DPA/PATRICK PLEUL ?? Die Dünger aus Biogasanla­gen haben Plastikant­eile weit unter dem Grenzwert.
FOTO: DPA/PATRICK PLEUL Die Dünger aus Biogasanla­gen haben Plastikant­eile weit unter dem Grenzwert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany