Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wird ein Kleiner der neue Weltmeiste­r?

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Die Schweiz, man vergisst es manchmal, ist amtierende­r WM-Zweiter. Okay, im Eishockey …, aber auch da waren die Eidgenosse­n vorher nicht konstant das, was man „groß“nennt. Geht also – und jetzt auch auf Rasen. Und jetzt ein gehöriges Stück weiter als bei der

WM 2014. Da war Argentinie­n Achtelfina­lEndstatio­n nach Verlängeru­ng, traf Angel di Maria zwei Minuten vor Ultimo zum 0:1 gegen eine bestens eingestell­te Auswahl der Confoedera­tio Helvetica. Der Trainer seinerzeit hieß Ottmar Hitzfeld, gleich zu Beginn der Nachspielz­eit landete ein Kopfball Blerim Dzemailis am Pfosten, der Abpraller traf sein Knie und kullerte ins Toraus.

Jetzt heißt der Trainer Vladimir Petkovic, versammelt die „Nati“die halbe deutsche Bundesliga (die bessere Hälfte?), sind Rückstände (gegen Brasilien, gegen Serbien) offenbar nicht Problem, sondern Gelegenhei­t, Charakter und Willen zu zeigen. Schweden heute ist ein Gegner Marke „machbar“, danach ginge es gegen Kolumbien oder England. Beide in Reichweite. Wie – folglich – der Halbfinal. Allein wegen des „der“(auch vor dem Sehnsuchts­wort „Final“) muss es hinhauen mit der Schweiz als Weltmeiste­r. „Der Mensch“, sagt Vladimir Petkovic gerne, „braucht etwas, wofür er brennen kann. Und eine kleine oder große Vision, was er dabei erreichen will.“Na dann: Hopp Schwiiz! Joachim Lindinger

j.lindinger@schwaebisc­he.de

Am 15. Juli werden im WM-Finale also auf jeden Fall entweder Russland, Kroatien, Schweden, Schweiz, Kolumbien oder England stehen. Das ist schön für sie, aber näher werden sie dem Titel auch nicht kommen. Bei aller Sympathie für Underdogs und Märchenges­chichten – eine Weltmeiste­rschaft ist keine Europameis­terschaft, wo eine Bande von leicht übergewich­tigen Fastfoodfa­ns aus dem Urlaub kommen und triumphier­en (Dänemark 1992) oder bei der Otto Rehhagel eine Horde von mittelmäßi­g begabten, aber braven und wackerren Kämpfern zu Titelehren (2004) führen kann. Und weil auch Portugal in Russland schon ausgeschie­den ist, wird das Universum sich nicht noch einmal vom großen Charismati­ker des Weltfußbal­ls beschwören lassen, den Titel doch noch der Mannschaft zu schenken, die während des Finals das größte Opfer überhaupt bringen musste. Ein charismati­scheres Opfer als Cristiano Ronaldo wird keine der oben genannten Mannschaft­en gegen das Universum ins Feld führen können.

Die WM 2018 ist schon jetzt die WM der Außenseite­r. Fein! Wenn das die Großen dazu antreibt, ihre Überheblic­hkeit zu überdenken und sich stattdesse­n was Neues einfallen zu lassen: umso besser! Doch mehr können sie nicht erwarten. Im Finale endet der Zwergenauf­stand, den Titel holt Frankreich. Oder Brasilien.

Den Titel holt die bessere Hälfte der Liga.

Der Zwergenauf­stand hat ein Ende.

Filippo Cataldo

f.cataldo@schwaebisc­he.de

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