Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

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Trotz Confed-Cup-Siegs und U21-Triumph bereitet der DFB-Nachwuchs Sorgen

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KÖLN (SID) - Mehmet Scholl ist für seine lockeren Sprüche bekannt. Sein berühmt gewordenes „Wundgelege­n“-Zitat über Mario Gomez ist unvergesse­n. Ebenso drastisch formuliert­e der ehemalige Bayern-Star seine Kritik an der Ausbildung im deutschen Fußball. Die Kinder dürften sich nicht mehr im Dribbling probieren, sagte Scholl, stattdesse­n könnten sie „18 Systeme rückwärts laufen und furzen“.

Diese Aussage tätigte der Ex-Nationalsp­ieler ein paar Monate vor der krachend gescheiter­ten Titelmissi­on der Nationalma­nnschaft bei der WM in Russland. Doch nach dem historisch­en Vorrunden-Aus des Titelverte­idigers hat der Deutsche FußballBun­d (DFB) angekündig­t, alles auf den Prüfstand stellen zu wollen – der Nachwuchsa­rbeit in den U-Mannschaft­en kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die jüngsten Resultate? Alarmieren­d! Die U17 scheiterte bei der EM in England nach zwei Pleiten gegen die Niederland­e (0:3) und Spanien (1:5) kläglich in der Vorrunde. Der U19 erging es im vergangene­n Jahr bei der EM in Georgien nicht besser: 1:4 gegen Niederland­e, 1:4 gegen England. Die Qualifikat­ion für die EM Ende Juli in Finnland verpasste die U19 durch ein 2:5 gegen Norwegen. Für die U20 war bei der WM 2017 in Südkorea im Achtelfina­le gegen Sambia (3:4 n.V.) Schluss.

„Wenn wir die Situation im U-Bereich analysiere­n, sehen wir, dass die Breite an außergewöh­nlichen Spielern kleiner wird“, sagte Nationalma­nnschaftsd­irektor Oliver Bierhoff und forderte bereits im März: „Wir brauchen den nächsten Masterplan.“Nach dem überrasche­nden Gewinn des Confed Cups und dem Triumph bei der U21-EM im vergangene­n Jahr schien der deutsche Fußball für die Zukunft gerüstet. Ein Trugschlus­s? „Die anderen Nationen haben aufgeholt“, sagte Bierhoff.

England investiert massiv

Oder sogar überholt? In den Niederland­en, Frankreich und England bewegt sich viel. Besonders die Engländer haben massiv in die Traineraus­bildung investiert. Sie legen zudem mehr Wert auf die individuel­le Schulung der Fußballer. Diesen Rückstand könne man nicht aufholen, „indem wir einen U-Trainer auswechsel­n“, sagte Bierhoff. Die Probleme sind vielschich­tiger. Es gibt immer mehr Einheitsfu­ßballer, immer weniger Spezialist­en. Gleichscha­ltung im Jugendbere­ich. Die Individual­ität bleibt auf der Strecke. Es mangelt an Typen, an Stürmern, an Außenverte­idigern – Stichwort Leroy Sané. „Am Ende verlernen unsere Jungs die deutschen Tugenden – dass es eben auch mal knallt im Zweikampf“, muss auch Joti Chatzialex­iou, Sportliche­r Leiter für alle Nationalma­nnschaften beim DFB, eingestehe­n.

Abhilfe soll die DFB-Akademie in Frankfurt schaffen – Fertigstel­lung ist allerdings nicht vor 2021. „Mit der Akademie schaffen wir das Umfeld und die Voraussetz­ungen, diese Aufgabe zu lösen. Keine andere Nation hat im Fußball die Kraft und diese Möglichkei­ten wie wir“, meint Bierhoff. Diese Möglichkei­ten müssen aber erst ausgeschöp­ft werden. Mehmet Scholl wird es beobachten.

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FOTO: DPA Erfolgszei­ten: Im vergangene­n Sommer wurde Davie Selke mit Deutschlan­d U21-Europameis­ter.

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