Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Die Bürger entscheide­n lassen“

- Zum Artikel „Gemeindera­t stimmt viermal knapp für Tempo 30“in der SZ-Ausgabe vom 4. Juli:

Es ist mittlerwei­le unerträgli­ch, wie die Bürger dieses Landes (und auch dieser Stadt) durch die Obrigkeit mit immer neuen Vorschrift­en gegängelt werden. Die letzten Freiheiten und Spielräume werden Opfer einer unsägliche­n Reglementi­erungswut und Entmündigu­ng. Gerade auf kommunaler Ebene, weil überschaub­ar, sollten andere, bürgernahe Entscheidu­ngswege gesucht werden. Die Gemeinderä­te sollten den Mut zu basisdemok­ratischen Elementen entwickeln.

Es geht nicht darum, die repräsenta­tive Demokratie in Isny infrage zu stellen. Viele Weichenste­llungen erfordern Sachversta­nd, der, je nach Thema, nicht auf breiter Ebene vorhanden sein kann. Plebiszite können hier in die Irre führen. Geradezu prädestini­ert ist hingegen „Tempo 30“ für eine Bürgerbefr­agung oder gar –abstimmung, wie sie von Gemeindera­t Markus Immler angeregt wurde. Der Grund ist so simpel wie einleuchte­nd: Jeder Isnyer ist Verkehrste­ilnehmer, egal ob motorisier­t, per Fahrrad oder per pedes. Die Betroffenh­eit und auch die Kenntnis der Zustände vor Ort sind bei den Gemeinderä­ten nicht größer. Die tägliche Erfahrung aller schließt Herrschaft­swissen definitiv aus. Da helfen eine allgemeine Statistik zur bundesdeut­schen Verkehrsen­twicklung zwischen 1970 und 2018 ebenso wenig weiter wie der Hinweis des Gemeindera­ts Andreas Angele, dass Verantwort­ung nicht abgeschobe­n werden könne. Wenn schon ein solch schwergewi­chtiger Ausdruck bemüht werden soll, dann kann diese Verantwort­ung beim Pro oder Contra Tempo 30 doch auf alle Schultern verteilt werden.

Rolf Schmid, Isny

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