Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Eine gelebte Freundschaft
Leutkirch und Frankreich: Wegen des WM-Finales ist das Programm auf die Gäste abgestimmt worden
LEUTKIRCH - Der kurzfristig geänderte Programmablauf steht fest, allenfalls schlechtes Wetter kann ihn noch ändern. Sonntag, 17 Uhr, Marktplatz Leutkirch, die Übertragung des WM-Endspiels beginnt. Mittendrin beim Public Viewing dann unter anderem Oberbürgermeister HansJörg Henle, Bürgermeister Guillaume Dalery aus der Partnerstadt Lamalou, die Vertreter der Partnerschaftsvereine und ein Großteil der Gäste aus Frankreich, die sich zum Kinderfest in Leutkirch angesagt haben. In diesem speziellen Fall, und das am Tag nach den Feiern zum französischen Nationalfeiertag, soll das sportliche Großereignis mit dazu beitragen, das enge Verhältnis zwischen Leutkirch und den französischen Nachbarn aus Lamalou, Bédarieux und Hérépian besonders stark herauszustreichen.
In diesem Jahr haben sich aus Südfrankreich besonders viele Gäste für das Kinderfest angesagt. Laut offizieller Statistik des Partnerschaftsvereins sind es 117, es werden mehr sein. „Wir wissen auch von vielen privaten Kontakten, die im Laufe der Jahre entstanden sind und uns bei der Planung gar nicht mehr beschäftigen“, sagt Susanne Joser-Schmidt, die seit 1994 an der Spitze des Partnerschaftsvereins steht. Sie ist darüber froh: „Die Beziehungen, auch auf privater Ebene, sind sehr lebendig, und sie betreffen alle Altersgruppen.“
„Das Europa der Bürger stärken“
Hans-Jörg Henle ist als Verfechter des europäischen Miteinanders bekannt. „Diese Partnerschaft ist wichtiger denn je“, betont er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Er verweist auf die aus seiner Sicht „großen Verwerfungen“in Europa, er nennt als Beispiele die Brexit-Diskussion in Großbritannien oder Wahlergebnisse wie zuletzt in Italien. Die Populisten mit ihren einfachen Parolen gegen Fremdes verspüren heftigen Rückenwind. Henle hält dem entgegen: „Wir müssen zeigen, dass wir zusammenhalten, dass wir das Europa der Bürger stärken“.
Auch deshalb will Hans-Jörg Henle am Sonntag mit dazu beitragen, dass an diesem für die französischen Partner sportlich so besonders spannenden Tag, sofern diese am Fußball interessiert sind, Deutsche und Franzosen gemeinsam das WM-Finale verfolgen. „Ein Erfolgsgeheimnis dieser Partnerschaft ist, dass sich so viele Bürgerinnen und Bürger mit so viel Herzblut einbringen, um diese Kontakte zu pflegen“, sagt Henle, und das bezieht er auch auf das Engagement des Vereins, die Besuchergruppen aus Italien in alle Feierlichkeiten mit einzubinden. „Ich bin für dieses Engagement im Interesse des europäischen Zusammenhalts sehr dankbar.“
Gelebte Partnerschaft abseits aller Wirren der großen Politik: „Vieles läuft bei uns so selbstverständlich und in vertrauten Bahnen ab“, das betont Susanne JoserSchmidt. Sie bezeichnet die Aktiven des Partnerschaftsvereins als „ruhige Gruppe“, die sich von Jahr zu Jahr der Aufgabe annimmt, die Kontakte zu koordinieren – in beide Länder. Angesichts der großen Zahl der Gäste aus den südfranzösischen Partnergemeinden ist allerdings für die Zeit des Kinderfestes ein spezielles Programm erarbeitet worden. Nun kommen Franzosen und Italiener nicht nur nach Leutkirch, um das Kinderfest zu verfolgen. Verschiedene Gruppen bringen sich aktiv in das Programm der nächsten Tage ein. Spezielle, auf französisch abgehaltene Stadtführungen, sollen aber etwa am Montag für Leutkirch-Neulinge die Stadt noch interessanter machen. „Es ist wichtig, dass daraus eine positive Stimmung entsteht, die weitergetragen wird“, sagt die Chefin des Partnerschaftsvereins. Bezogen auf den Kontakt zu Frankreich steht bereits die nächste offizielle Visite fest. Auch in diesem Jahr werden Gruppen aus den Partnerstädten beim Weihnachtsmarkt aktiv sein. Dann sollen auch die Schwerpunkte für den Austausch im Jahr 2019 festgeklopft werden.
Nun waren in den vergangenen Jahren auch die Leutkircher aktiv dabei, vor Ort in Südfrankreich oder in der Nähe des Gardasees die Partnerschaft zu bestärken. „Auch die daraus bereits entstandenen privaten Kontakte sind uns so wichtig“, betont Susanne Joser-Schmidt. Als ein Beispiel nennt sie den regelmäßig organisierten Schüleraustausch.
Sonntag, 15. Juli, 17 Uhr, Public Viewing. WM-Finale. Wer immer auch Gegner Frankreichs sein wird, dessen Anhänger dürften sich in der Minderheit befinden. Zumindest auf dem Leutkircher Marktplatz.
Über ihre Vorlieben, sportlich betrachtet, hat die „Schwäbische Zeitung“weder Susanne Joser-Schmidt noch Hans-Jörg Henle befragt.