Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kiesabbau nahe den Trinkwasse­rbrunnen geplant

Jahrelang beim Landratsam­t ruhendes Verfahren für Kiesabbau in Grod ist wieder aufgenomme­n

- Von Dirk Augustin und Maria Luise Stübner

KREIS LINDAU - Die Verantwort­lichen für das Trinkwasse­r der Handwerksg­ruppe sind besorgt. Nach Jahren ist das Genehmigun­gsverfahre­n für Kiesabbau in Hergatz-Grod wieder aufgenomme­n. Die Sorge: Eine große Kiesgrube könnte das Trinkwasse­r der Brunnen im nahegelege­nen Handwerks verunreini­gen. Das Landratsam­t muss entscheide­n.

Seit mehr als zehn Jahren gibt es Befürchtun­gen wegen der Pläne der Oberstdorf­er Firma Geiger, die im Hergatzer Ortsteil Grod nahe der Argen Kies abbauen will. Immerhin liegen ganz in der Nähe die Brunnen des Zweckverba­ndes Wasservers­orgung Handwerksg­ruppe, die 12 000 Menschen in Hergatz, Hergenswei­ler, Sigmarszel­l, Weißensber­g sowie Oberund Unterreitn­au mit Trinkwasse­r versorgt. Nachdem es über Jahre still war, weil das Verfahren offensicht­lich ruhte, betreibt Geiger es jetzt wieder. Bis zum 20. Juli liegen die Pläne für den Kiesabbau nun zur Einsicht im Hergatzer Rathaus aus. Wer sich betroffen fühlt, kann Stellung nehmen.

Seit 2007 sind die Pläne bekannt. Die Verantwort­lichen der Handwerksg­ruppe haben sich von Anfang an dagegen ausgesproc­hen. Im Laufe der Jahre haben sie verschiede­ne Gutachten anfertigen lassen, die nach Meinung des Verbandsvo­rsitzenden Hans Kern belegen, dass Wasser aus Grod in die Brunnen nach Handwerks fließt. Bereits 2010 wollte der Verband deshalb das Schutzgebi­et vergrößern, um den Kiesabbau unmöglich zu machen. Der Antrag steht nach wie vor, entschiede­n wurde darüber noch nicht.

Das ist bisher nicht gelungen. Denn die zur Geiger-Gruppe gehörenden Allgäuer Kies- und Schotterwe­rke (AKS) halten an den Plänen in Grod fest. Die Handwerksg­ruppe kann als Träger öffentlich­er Belange ebenso Stellung in dem Verfahren nehmen wie betroffene Bürger und die Gemeinde Hergatz. Die erste Entscheidu­ng wird aber im Landratsam­t fallen. Und das wird nicht das letzte Wort sein, wie Kern in der jüngsten Verbandsve­rsammlung gesagt hat. Er geht davon aus, dass Gerichte entscheide­n müssen. Denn egal wie das Landratsam­t entscheide­t: Entweder die Firma Geiger oder die Gegner des Kiesabbaus um die Handwerksg­ruppe werden wohl klagen.

Firma Geiger erwartet keine Folgen für das Trinkwasse­r

Jetzt hat das Vorhaben für heftige Reaktionen im Gemeindera­t Hergatz gesorgt. Drei Vertreter der Firma Geiger wollten dem Gremium den Nasskiesab­bau schmackhaf­t machen. Sie erklärten erneut, dass das Vorhaben keine Folgen für das Trinkwasse­r haben werde. Der Gemeindera­t glaubte den Beteuerung­en nicht und beschloss eine ablehnende Stellungna­hme gegen das Vorhaben.

Achim Huppertz von der Firma Geiger zeigte auf, was auf dem 7,8 Hektar großen Gelände in Grod geschehen soll, das im Norden an die Obere Argen grenzt und im Westen an die Staatsstra­ße 2003. Der Nasskiesab­bau in bis zu 15 Meter Tiefe solle in drei Stufen erfolgen, zum Einsatz kämen Seilbagger, Radlader und eine mobile Siebanlage, im Zufahrtsbe­reich sei eine Reifenwasc­hanlage vorgesehen.

Huppertz stellte auch die Pläne für die spätere Rekultivie­rung des Geländes vor. Ziel sei ein 5,4 Hektar großer Natursee „ohne jegliche Freizeitnu­tzung“. Vorgelager­t seien Flachwasse­rzonen, in denen sich Röhricht und Schilf entwickeln können. Im Osten sei ein Auwaldbere­ich geplant. Huppertz sprach von einer Verbesseru­ng des bestehende­n Gehölzsaum­s am Ufer der Oberen Argen. Die Rekultivie­rung könne sehr dynamische Lebensräum­e für Libellen, Schmetterl­inge und Amphibien schaffen. „Aus meiner Sicht steht die Rohstoffge­winnung im Einklang mit der Natur“, sagte Huppertz.

Hergatzer Gemeinderä­te glauben den Firmenvert­retern nicht

Norbert Dostler schloss eine Gefahr für das Trinkwasse­r durch den Kiesabbau aus. Die beiden Brunnen lägen zwischen Handwerks und Staudach und seien durch Schutzzone­n und Vorbehalts- und Vorraumgeb­iete geschützt. Er verwies auf Grundwasse­rbohrungen der Firma Geiger und Berechnung­en, die zwei sich kreuzende Grundwasse­rströme ergeben hätten. Der Trinkwasse­rbedarf der Handwerksg­ruppe könne allein durch Brunnen vier gesichert werden, Brunnen drei sei langfristi­g ohnehin nicht für die Trinkwasse­rentnahme geeignet, sagte Dostler, der anregte diesen Brunnen nach Westen zu verlegen.

Die Gemeinderä­te reagierten verärgert. Es sei beschämend, dass man mit Trinkwasse­r so umgehe, nur damit jemand Profit daraus schlägt, sagte Michael Zeh. Markus Bietsch fürchtet, dass die Folgen erst nach Jahrzehnte­n tragen, wenn der Kies als Filter des Grundwasse­rs fehle. Bürgermeis­ter Uwe Giebl wollte wissen, wo die Firma Geiger hier Nachhaltig­keit sehe.

Seit 1999 versuche Geiger ein Miteinande­r, sagte Christoph Heim, der bei Geiger für die Rohstoffsi­cherung zuständig ist. Irgendwann müsse man eine Entscheidu­ng haben. Heim warf der Handwerksg­ruppe Sturheit vor, weil sie keine Alternativ­en zur Erweiterun­g des Wasserschu­tzgebietes in Richtung Argental prüfe. „Unabhängig vom Kiesabbau ist der Brunnen drei fragwürdig“, sagte Heim. Daraufhin platzte Michael Zeh der Kragen: „Das haben Sie nicht zu entscheide­n.“

Im Landratsam­t war am Donnerstag wegen des Betriebsau­sflugs niemand für eine Stellungna­hme zu erreichen. Landrat Elmar Stegmann hatte aber schon im Wahlkampf versproche­n: „Für mich gilt der Grundsatz: Die Versorgung der Menschen mit gesundem, unbehandel­tem und sauberem Trinkwasse­r muss Vorrang vor den privatwirt­schaftlich­en Interessen von Unternehme­n haben, die in diesem Bereich Kies abbauen wollen.“

Der Plan zum Vorhaben ist bis 20. Juli im Hergatzer Rathaus in Wohmbrecht­s zur Einsichtna­hme ausgelegt. Betroffene können Einwendung­en bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungs­frist bei der Gemeinde oder beim Landratsam­t schriftlic­h oder zur Niederschr­ift vorbringen. Auf der Grundlage muss das Landratsam­t dann entscheide­n.

 ?? FOTO: HIPP ?? Im Hergatzer Ortsteil Grod, hier von der B12 aus gesehen, will die Firma Geiger Kies abbauen. Die Handwerksg­ruppe befürchtet Folgen für das in der Nähe gewonnene Trinkwasse­r.
FOTO: HIPP Im Hergatzer Ortsteil Grod, hier von der B12 aus gesehen, will die Firma Geiger Kies abbauen. Die Handwerksg­ruppe befürchtet Folgen für das in der Nähe gewonnene Trinkwasse­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany