Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gemeinde kauft Landkreis drei Unterkünfte ab
Kißlegger Räte bemängeln Zustand eines Containers – Ghetto-Bildung wird befürchtet
KISSLEGG - Die Gemeinde Kißlegg wird in den kommenden Wochen drei Wohncontainer kaufen, die bisher dem Landkreis gehören: das sogenannte Camp II in der FürstErich-Straße, den Container in der Seestraße und einen Container aus Aichstetten. Mit dem Kauf soll vor allem die Unterbringung von Flüchtlingen neu organisiert werden. Mit fünf Gegenstimmen wurde der Kauf in Höhe von insgesamt 250 000 Euro vom Gemeinderat abgesegnet.
Außerdem wurde beschlossen, die Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen in drei Stufen zu gliedern: Basisunterkunft, Übergangsunterkunft und Unterstützung bei der Suche privaten Wohnraums. Für die Basisunterkunft sind die Container des Camp II und ein Container aus Aichstetten vorgesehen. Dieser soll auf dem ehemaligen AkoParkplatz östlich des Bahnhofs aufgestellt werden.
Als Übergangsunterkunft ist der Container in der Seestraße gedacht. Bis zu 36 Personen können hier wohnen. Bisher wird die Anlage zur vorläufigen Unterkunft für Familien genutzt. Da der Gemeinde momentan im Schnitt ein halber Flüchtling pro Monat zugewiesen wird, rechnet die Verwaltung damit, dass im Container in der Seestraße Kapazitäten abgebaut werden können. In den Containern entstünden viele der Probleme, weil sich zwei Bewohner derzeit noch ein Zimmer teilen müssen, so Bürgermeister Dieter Krattenmacher.
Für wenige Wochen bestehe nun das Angebot des Landratsamts, die drei Container unter Wert zu kaufen, erklärte Hauptamtsleiter Markus Wetzel. Die Gelegenheit, rasch an Unterkünfte zu kommen, müsse man nutzen. Denn die Plätze im „Löwen“sollen künftig für langfristiges Wohnen genutzt werden. Nach der Erfahrung der Gemeinde würden dort immer wieder Zimmer frei, die Fluktuation sei hoch, sagte Krattenmacher. Die leeren Zimmer sollten dann mit Bewohnern aus dem „Adler“gefüllt werden, da diese Obdachlosenunterkunft ab kommendem Frühjahr nicht mehr zur Verfügung stehe. Auch derzeitige Bewohner aus dem „Löwen“, die bleiben wollen, könnten wohnen bleiben. Allerdings sei dies an Bedingungen geknüpft, sagte Wetzel: „Es gibt Einzelpersonen, die halten sich einfach nicht an die Regeln. Wir sehen nicht ein, den Platz im „Löwen“mit ihnen zu belegen.“Wer keine Lust habe, sich zu integrieren, müsse in die Basisunterkunft ziehen. Dann beschränke sich die Gemeinde auf die Mindestanforderung. Mit den meisten Flüchtlingen habe man aber durchweg gute Erfahrungen gemacht, ergänzte Krattenmacher: „Aber das Ordnungsamt ist eben auch mit schlechten Erfahrungen konfrontiert.“
Natürlich seien die Basisunterkünfte auch als Start gedacht, wenn plötzlich wieder mehr Bedarf bestehe, erklärte Wetzel weiter. Derzeit habe Kißlegg nämlich ein Defizit in den Aufnahmezahlen: 170 müsste die Gemeinde rein rechnerisch eigentlich aufnehmen, das werde seit Monaten nicht mehr erreicht.
„Katastrophale Zustände“
Besonders der Kauf des Containers in der Fürst-Erich-Straße (Camp II) stieß vor allem bei der SPD-Fraktion auf keine Gegenliebe. Katastrophal seien die Zustände dort, sagte Josef Kunz: „Wir werden dem Kauf von Camp II nicht zustimmen. Auch wenn die Menschen dort viel mehr selbst für ihre Unterkunft tun müssten, derart schlechte Zustände sind nicht akzeptabel. Der Gestank und Dreck dort schreien zum Himmel.“Die SPD-Fraktion wünsche sich außerdem, bei künftigen Entscheidungen über Beschaffung von Wohnraum über mehr Alternativen informiert zu werden. Sie befürchtet zudem eine Ghetto-Bildung auf dem Ako-Gelände, erklärte Kunz weiter: „Diese Unterbringung nutzt weder den Bewohnern, noch der Gemeinde, die spannungsarm mit den Flüchtlingen zusammenleben soll.“
Unabhängig von der Unterbringung wünsche sich die SPD-Fraktion auch eine weitere Stelle neben dem Integrationsbeauftragten in der Verwaltung, die sich nur um die Belange der Flüchtlinge kümmern soll. Mit Sozialarbeit könnten aber nicht alle Probleme gelöst werden, antwortete Krattenmacher. Er gehe davon aus, dass die Zahl der Menschen in den Containern stetig weniger werde. Die Zustände seien nicht ideal, aber auch nicht miserabel. Der Kauf des Seestraßen-Containers wurde schließlich einstimmig abgesegnet, die beiden anderen Container wurden mehrheitlich mit fünf Gegenstimmen angenommen.