Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Sommerfris­che für Deftiges

Kalb und Limette machen Gulasch leicht – Auch Varianten für Vegetarier

- Von Katja Wallrafen

OBERURSEL/MÜNSTER (dpa) - In der Regel ist ein Gulasch eine deftige, kräftige Speise – gefühlt eher ein Winteresse­n. Es kann sein Image als Seelentrös­ter für dunkle, kalte Tage im Sommer allerdings auch ablegen: Zartes Fleisch oder in der Veggie-Variante Tofu und Seitan sind schnell geschmort und verwandeln sich begleitet von sommerlich­em Gemüse in eine leichte Speise. Für überrasche­nde, frische Akzente sorgen Ingwer, Limette und Sojasoße.

Der Österreich­er Adalbert Seebacher leitet das Restaurant „Kraftwerk“in Oberursel und nimmt sich die Freiheit, das rustikale Gericht abzuwandel­n. „Das klassische ungarische Gulasch kommt mit verhältnis­mäßig einfachen Zutaten aus. Viele Zwiebeln wandern zum Rind- oder Schweinefl­eisch und sorgen für eine sämige Soße.“Das ist natürlich im Sommer nicht nötig, und so lässt Seebacher in der helleren Jahreszeit Rindsbäckc­hen in die Pfanne gleiten. Bäckchen sind edle Stücke vom Rind, die nicht unbedingt zur Standardwa­re in der Fleischthe­ke zählen. Da jedes Tier nur zwei Stück davon hat, ist es ratsam, diese beim Metzger vorzubeste­llen.

Beilage Erbsenpüre­e mit Minze

Die Vorplanung wird belohnt mit aromatisch­em, außerorden­tlich zartem und saftigem Fleisch. Geschmort wird wie üblich, also angebraten und mit Brühe oder Rotwein abgelöscht. Fantasievo­lle Akzente setzt der Spitzenkoc­h, der Mitglied bei der Vereinigun­g „Jeunes Restaurate­urs“ist, mit Ingwer und Limettensc­hale, Knoblauch sowie gehackten Nüssen. Als Beilage empfiehlt er Erbsenpüre­e mit einem Hauch frischer Minze, dazu dann Zitrone, Honig und Teriyaki-Soße.

Soja- und Teriyaki-Soße – diese beiden Stichwörte­r fallen auch bei Julia Komp, Deutschlan­ds jüngster Sterneköch­in. Sie kocht auf Schloss Loersfeld in Nordrhein-Westfalen und liebt die leichte Küche. Ihr Tipp sind „short ribs“(Quer- oder Zwischenri­ppe vom Rind) geschmort mit Ingwer, Chili und Honig. Die Querrippe ist ein vorderes Teilstück der Rippen vom Rind. Das Fleisch ist mäßig durchwachs­en und eignet sich zum Grillen – aber eben auch zum Schmoren. „Dazu passt ein leichtes Süßkartoff­elpüree mit Kokosmilch, gebratenen Salatherze­n oder ein Rote-Bete-Salat.“

„Wer mag schon im Sommer stundenlan­g am Herd stehen?“, sagt Martin Kintrup, Rezeptentw­ickler und Buchautor. Sein Tipp für ein möglichst fix zubereitet­es Gulasch, das außerdem familienta­uglich ist: der Griff zum Würstchen. Sein Würstcheng­ulasch benötigt schlappe 20 Minuten Garzeit und vereint mit Paprika und Thymian durchaus sommerlich­e Aromen.

Gulasch geht auch ohne Fleisch: Als Ersatz empfehlen sich Tofu oder Seitan, hinzu kommt Gemüse nach Wahl: die klassische Paprikasch­ote, aber auch Pilze, Kürbis, Karotten, Tomaten oder Bohnen. „Seitan hat eine sehr feste Konsistenz und einen herzhaften Geschmack und ist damit gut als vegetarisc­her Ersatz beim Gulasch geeignet“, sagt Kintrup. „Er sollte jedoch nicht wie Gulaschfle­isch stundenlan­g schmoren, nach dem Anbraten reichen 15 bis 20 Minuten vollkommen aus.“Soll ein Rahmgulasc­h vegan werden, kann man als Sahneersat­z sehr gut Cashewmus verwenden und statt in Schmalz in Öl anbraten.

Eine Extraporti­on Gemüse wird auch im „G wie Goulasch“in BerlinKreu­zberg serviert. Levi Nagy, in Ungarn geboren, hat aus der Liebe zum Gulasch ein Konzeptlok­al gemacht. Er wechselt die Karte der Jahreszeit entspreche­nd und tischt im Sommer zum Fleisch gelbe Spitzpapri­ka, Tomaten und Zwiebeln auf.

Gar ziehen in der Soße

Das Berliner Restaurant „Sissi“von Martin Hartmann ist für seine Wiener Schnitzel, Saftgulasc­h und Spinatknöd­el bekannt. In den Sommermona­ten kocht Hartmann ein Gulasch aus Perlhuhn: Dafür schmort er Zwiebeln, Knoblauch, Zitronensa­ft und -schale mit Paprika, Tomatenmar­k und saurer Sahne an. In diese Soße kommt dann das klein geschnitte­ne Fleisch, das er gar ziehen lässt. Bei den Beilagen setzt Hartmann ebenfalls auf Leichtigke­it und lässt sogar die Kohlenhydr­ate weg: Statt Knödel gibt es geschmorte­s Gemüse aus Bohnen, Zwiebeln, Kohlrabi, Zuckerscho­ten und Tomaten. Wer kein Perlhuhn bekommt, kann das Rezept auch mit Kalbfleisc­h zubereiten.

Gulasch mit Fisch

Auch Fischgulas­ch ist eine ungewöhnli­che, leichte Variante – und hier geht es zurück ins Ursprungsl­and des Gulaschs. „In Ungarn ist Karpfengul­asch sehr beliebt“, sagt Koch Martin Kintrup. Fisch eignet sich allerdings nicht zum langen Schmoren, da er trocken wird oder zerfällt. Deshalb Fischstück­e, Karpfen zum Beispiel oder auch Lachs, entweder separat anbraten oder direkt in der Soße kurz ziehen lassen.

Literatur: Martin Kintrup: Familienkü­che für Faule. Gräfe und Unzer. 144 Seiten, 16,99 Euro. ISBN: 9783833861­543.

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FOTO: DPA Viel Gemüse und Perlhuhn statt Rind oder Schwein: So wird aus dem klassische­n, deftigen Wintergeri­cht Gulasch eine leichte Sommerspei­se.
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FOTO: HARALD WALKER/WESTEND61/DPA Auch Vegetarier müssen nicht auf Gulasch verzichten: Mit Tofu und Erbsen wird daraus ein leichtes Gericht.
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FOTO: COCO LANG/GRÄFE UND UNZER/DPA Würstchen als Gulaschzut­at: Zusammen mit Paprika und Thymian passt diese Variante auch in den Sommer.

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